Zum Jahresende ist es Zeit für einen kleinen persönlichen schmetterlingskundlichen Rückblick auf das Jahr 2019.
Positiv war, dass der Umweltschutz wieder mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt ist. Mein Eindruck ist, dass das Thema regelrecht wieder entdeckt wird. Hier haben Bewegungen wie „Fridays For Future“ einen wichtigen Beitag geleistet. Allerdings frage ich mich, warum das Artensterben – ich sage mal zwischen 1990 und 2018 – in der öffentlichen Diskussion kaum noch eine Rolle spielte. Klar, es gab zahlreiche Beiträge zum Artensterben im Fernsehen – immer nett anzuschauen – und auch wir als Insektenkundler haben immer wieder darüber gesprochen. Tatsächlich wurde der Artenverlust aber nur „verwaltet“. Politisch geändert wurde nur wenig. Für mich eindrucksvoll war ein Spaziergang in diesem Herbst durch die toten Fichtenwälder an der Sengbachtalsperre bei Schloss Burg an der Wupper. Über 80 Jahre alte Bäume stehen dort als „Gerippe“ in der Landschaft – die Trockenheit in den letzten Sommern hat ihnen den Rest gegeben. Nun werden diese toten Wälder abgeräumt – mache schimpfen auf den Borkenkäfer – aber der hat ja nur seine natürliche Aufgabe an den schwer vorgeschädigten Bäumen erledigt. Es drängen sich Vergleiche zum „Waldsterben“ in den 1980er Jahren auf. Aber: hat man etwas gelernt? Eine halbe Milliarde Euro Steuergelder für Wiederaufforstung – mit Esskastanie und Douglasien? Täusche ich mich, oder ist hier schon wieder Lobbypolitik am Werk? Wie wäre es mit natürlicher Wiederbewaldung – z.B. mit Hilfe des Eichelhähers?
Jedenfalls denke ich bei den aktuellen Umweltschutzthemen immer zurück an die 1980er Jahre – alles schon mal diskutiert worden – auch der Artenrückgang bei den Schmetterlingen. Die akademische Forschung war lange aus dem Thema faktisch ausgestiegen. Nun wird es dort wiederentdeckt. Das hat mich dann zu einem Leserbrief in „Spektrum der Wissenschaft“ bewogen. Zudem waren wir mit einem Beitrag bei der „Konferenz der Arten“ in Bonn dabei und arbeiten nun an einem Artikel zu „160 Jahren Schmetterlingsbeobachtungen in Wuppertal“. Hier eine kleine Vorschau auf die Ergebnisse:

Diese Grafik zeigt den Artenverlust bei Großschmetterlingen (Tag- und Nachtfalter) und die Neuzugänge („Arealerweiterer“) aus Süd- und Westeuropa im Raum Wuppertal. Der Verlust von Arten wurde anhand der jeweils letzten Beobachtung im Gebiet dokumentiert. Die Neuzugänge entsprechend anhand des Datums der ersten Beobachtung im Gebiet.
Wir hatten dieses Jahr einige schöne Exkursionen, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Unsere Mosel-Exkursion, einen Ausflug zum Schlangenberg bei Stolberg, eine Exkursion in die Eifel bei Blankenheim und Dahlem, unser tranditioneller Leuchtabend an der Naturschule Grund in Remscheid. Einer meiner besonderen Lieblinge (ich bin ein ausgesprochener Fan von Bläulingen) ist zum Schmetterling des Jahres 2020 ernannt worden. Zudem ist es uns gelungen, trotz jahrelanger Bürokratie, eine naturnahe Wiese an unserem Arbeitsplatz einzurichten.
Negativ war für mich die Ausbeute bei meinem diesjährigen Ausflug im Juni zum Mosel-Apollofalter. In den 1990er Jahren gab es dort Tage, an denen ich mehrere Dutzend Falter z.B. an der Brauselay bei Cochem beobachten konnte – dieses Jahr war es nur ein Falter. Ein Negativtrend, der schon seit geraumer Zeit beobachtet wird (siehe hierzu die Diskussion im Lepiforum, die von Klaus Hanisch gestartet wurde).
Zum versöhnlichen Abschluss noch einige Bilder aus dem Jahr 2019, die noch nicht in anderen Beträgen gezeigt wurden (für die Beschreibung bitte anklicken!).
Colias alfacariensis – Hufeisenklee-Gelbling in Schönecken (Eifel). Schönecken 17.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Immer wieder schön: Icarusbläuling – Polyommatus icarus in Schönecken (Eifel). Schönecken 17.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Erebia medusa – Rundaugen-Mohrenfalter – um diese Zeit der häufigste Falter in Schönecken (Eifel). Schönecken 17.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Hamearis lucina – Schlüsselblumen-Würfelfalter – leider immer seltener zu beobachten. Schönecken 19.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Guten Appetit: Cyaniris semiargus – Rotklee-Bläuling und Cupido minimus – Zwerg-Bläuling saugen an der Leiche einer Maus. Schönecken 19.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Polychrysia moneta – Eisenhut-Goldeule. Von Armin Dahl ausgebrütet aus einem Raupenfund im Garten. 28.05.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Synanthedon formicaeformis – Weiden-Glasflügler. Die 8 Jahre alten Pheromone funktionieren noch – Leverkusen, 02.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Großer Fuchs- Nymphalis polychloros. Sein Trick: totstellen und ins Laub fallen lassen. e.l. 09.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Großer Fuchs- Nymphalis polychloros. e.l. 09.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Zwar kein Apollofalter, aber immerhin: Arctia villica – Schwarzer Bär. Die Tiere saßen morgens – offenbar nach der Paarung – am Wegesrand. Das Männchen war dann schnell weg – das Weibchen aber bereit zum Fototermin. Brauselay (Mosel) 16.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Arctia villica – Schwarzer Bär. Brauselay (Mosel) 16.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Arctia villica – Schwarzer Bär. Brauselay (Mosel) 16.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Arctia villica – Schwarzer Bär. Brauselay (Mosel) 16.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
An der Autobahnabfahrt Niederzissen (Eifel): Satyrium pruni – Pflaumen-Zipfelfalter. 16.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Zur richtigen Zeit in der Wahner Heide (Köln) recht häufig anzutreffen: Limenitis camilla – Kleiner Eisvogel 27.06.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Bembecia ichneumoniformis – Hornklee-Glasflügler. Saß frisch geschlüpft auf unserer naturnahen Wiese in Köln-Chorweiler 09.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Diese Schwalbenschwanz-Raupe fand ich in Köln-Chorweiler am Straßenrand. Offenbar hatte der Schwalbenschwanz 2019 ein gutes Jahr. (Köln-Chorweiler, 16.08.2019, Foto: Tim Laußmann)
La Palma: ein Verwandter des Admirals: Vanessa vulcanica, La Palma, 03.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: vergleichsweise riesige Raubfliege (Promachus palmensis) mit Beute. La Palma, 26.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: ähnelt dem großen Kohlweißling: Pieris cheiranthi. La Palma, 23.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Ein Verwandter unseres Waldbrettspiels: Pararge xiphioides. La Palma, 26.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Großer Wanderbläuling (Lampides boeticus). La Palma, 03.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Der endemische La Palma – Zitronenfalter (Gonepteryx palmae). Ein Männchen. La Palma, 03.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Der endemische La Palma – Zitronenfalter (Gonepteryx palmae). Ein Weibchen. La Palma, 23.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Von Armin Dahl auf Gran Canaria entdeckt: Bembecia vulcanica (e.p., 16.10.2019, Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Monarch (Danaus plexippus). La Palma, 02.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Monarch (Danaus plexippus). La Palma, 02.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Kanarenbläuling (Cyclyrius webbianus). Ein Weibchen. La Palma, 02.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Pelargonien-Bläuling (Cacyreus marshalli). Ein Weibchen. La Palma, 23.07.2019 (Foto: Tim Laußmann)
La Palma: Ähnelt unserem Kaisermantel: Kardinal (Argynnis pandora). La Palma, 03.08.2019 (Foto: Tim Laußmann)
Auch schön anzuschauen: Mythimna l-album – Weißes L. (Leverkusen, 11.09.2019, Foto: Tim Laußmann)
Fliegenpilz (Amanita muscaria) an der Sengbachtalsperre bei Schloss Burg: nicht nur tote Fichten in diesen Wäldern. 2019 war ein Jahr der Fliegenpilze! (Sengbachtalsperre, 07.10.2019, Foto: Tim Laußmann)
Ein Glückspilz für 2020? Fliegenpilz (Amanita muscaria) an der Sengbachtalsperre, 07.10.2019 (Foto: Tim Laußmann)
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Esskastanien (ich liebe sie!) und Douglasien im Wald, auch spitzblättrige Nordamerikanische Eichen, amerikanische Schneebeeren als Bepflanzung des Waldrandökotons, in den Städten und Gärten Robinien, Thuja und Friedhofs-Kirschlorbeer, Englischer Rasen an Straßenrändern und -böschungen – man schafft eine lebensarme, anthropogene, künstliche Welt, die mit Heimat ebenso viel zu tun hat wie mit Natur.