„Wer auf einsamen Pfaden die Heide durchwandert, schaut auch gern nach den schillernden leichtbeschwingten Schmetterlingen aus, wie sie vom Sonnenschein gelockt, ihre luftigen Tänze ausführen, oder von Blüte zu Blüte flattern, um dort ihrer Nahrung nachzugehen. Die Zahl dieser Sommervögel oder Fiefaulster wie man sie bei uns auch wohl nennt, ist auffallend groß, ein Zeichen, daß sie in der Heide besonders günstige Lebensbedingungen antreffen. Wenn mir hier ihrer gedenken, so können wir daher nur das eine oder andere was besonders charakteristisch für die Heide ist hervorkehren“.
Aus „Heimatbuch der Gartenstadt Haan“ von August Lomberg, 1928)
Was da so blumig beschrieben wird, ist der ehemals für Insekten geradezu paradiesische Zustand, in dem sich das Gebiet im letzten Jahrhundert befand. Eine detaillierte Schilderung der Hildener Heide findet sich in einer Publikation des Elberfelder Entomologen Friedrich Wilhelm Geilenkeuser (1907):
Mit dem Gesamtnamen „Hildener Heide“ bezeichnet man das Gebiet, das zwischen Ohligs, Richrath, Hilden, Vennhausen, Hochdahl und Station Haan gelegen ist. Die einzelnen Teile führen besondere Namen; so gibt es eine Loden- und Giesenheide, Vennhauser- und Krüdersheide u. a.
Die Hildener Heide bildet den Übergang aus dem Bergischen in die Niederrheinische Tiefebene, liegt in mäßiger Höhe über dem Rhein und mißt in der größten Ausdehnung etwa 7-8 km. Auf diesem verhältnismäßig beschränkten Raum finden sich die lohnendsten Fangplätze für Entomologen. Der sandige Boden ist bedeckt mit Nadelholz, niederm Laubgebüsch, aus krüppelhaften Eichen, Buchen, Erlen und Birken gemischt, und Ginster. Vorherrschend ist die Kiefer, Pinus silvestris L. In den feuchten Niederungen findet sich eine reiche Sumpfflora und auf trocknem Boden viel lockeres Heidekraut. Ferner gibt es Tümpel, Lachen, Teiche, Bäche und trockne, aber lohnende Sandwege.
An vielen wasserreichen Stellen ist der Boden so sumpfig, daß es äußerster Vorsicht bedarf, um hindurchzukommen. Bei Unterbach und Vennhausen ist es zur Torfbildung gekommen. Noch vor einem Menschenalter hat man hier Torf gestochen. Man nennt die Gegend heute noch den Dorfbrook (Torfbruch). Als einsame Warte ragt aus der Heide der Jaberg hervor, eine schöne Aussicht über das ganze Gebiet gewährend. Einst haben hier auch die Wasser geflutet und hie und da Sandmassen abgelagert, so daß es zur Bildung von Dünen gekommen ist, die sich besonders im Südosten in Form von Hügeln und Wällen hinziehen. Sie dürften das Eindringen neuer Arten aus dem Bergischen“ erschwert und in manchen Fällen solchen ungeflügelten Insekten, die sich im Sand nur mühsam fortbewegen können, fast unmöglich gemacht haben. Der Boden in den steilen Sandgruben, die sich hie und da in den Dünen finden, bietet lohnende Ausbeute an Käfern, die sich vergeblich bemühen, aus dem Gefängnis wieder herauszukommen. Besonders die trägen Curculionen kann man hier finden. Es ist überhaupt die Heide ein Dorado für den Insektenfreund.
Leider wird das Gebiet durch die weiter greifende Kultur mehr und mehr beschränkt. Große Strecken sind im letzten Jahrzehnt unter den Pflug genommen. Auch die Industrie schiebt sich immer mehr in das Gebiet ein. Zwischen Jaberg und der Bahn, die nach Cöln führt, gab es noch vor wenigen Jahren keine Industrie. Heute findet man hier mehrere große Werke, die das Wasser der Itter zu ihren Zwecken verwenden. Im Osten des Jabergs hat man in diesem Jahre, um Grubenholz zu gewinnen, viele Morgen Kiefern niedergelegt, so daß die Umgebung des Hügels, dessen Gipfel leider auch durch das Hildener Wasserreservoir viel von seinem früheren Reiz eingebüßt hat, einen traurigen Anblick bietet. Mancher gute Fangplatz ist damit verschwunden. Nachteilig wirkte auch auf Flora und Fauna, besonders in früheren Jahren, die stark betriebene Schafzucht. Wie bedeutend diese war, geht daraus hervor, daß damals ein Brief an die richtige Adresse kam, der die Aufschrift hatte: An den Mann in Wald, der die vielen Schafe hat. Noch eins muß ich bedauernd erwahnen. Im Herbst kann man viele Frauen und Kinder eifrig beschäftigt sehen, die dürren Nadeln in den Kiefernwaldungen einzusammeln. Sie bedienen sich nicht nur der Harke, sondern fegen mit Besen den Boden so rein, daß er stellenweise einer ausgekehrten Stube gleicht. Daß hierdurch auch Fauna und Flora sehr geschädigt werden, liegt auf der Hand. Die Benutzung des Käfersiebes ist an solchen Stellen fast aussichtslos. Dazu kommt noch, daß die Stadt Hilden vor etlichen Jahren den ihr benachbarten Teil der Heide, im ganzen etwa 1000 Morgen, angekauft hat, um hier einen Stadtwald anzulegen. Die Arbeiten sind so gefördert worden, daß ein großer Teil der Anlagen bereits im vorigen Jahr dem Publikum geöffnet werden konnte. Diesem Beispiel werden wohl bald die Nachbargemeinden folgen, und dann wird sich auch in dieser Beziehung das Aussehen der Heide ändern, nicht zur Freude der Freunde unberührter Natur. Heute schon bietet die Heide ein ganz anderes Bild als vor 20-30 Jahren. Damals konnte man sich an den meisten Stellen In eine förmliche Wildnis und im Südosten in die Dünen der Nordsee versetzt glauben. Heute überwiegt, besonders nach Ost und West hin, der bebaute Boden. Das Verschwinden so mancher interessanten Pflanzen- und Tierart wird die Folge dieser Umwandlung sein.
Tagfalter der Hildener Heide – einst und heute (Stand 12 / 2010) | ||||||
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Nr. | Art | Deutscher Name | Futterpflanze | Häufigkeit | Letzte Beobachtungen | Bemerkungen |
1 | Papilio machaon | Schwalbenschwanz | Doldenblütler | + | 2010 (Dahl) | |
2 | Iphiclides podalirius | Segelfalter | Schlehe | – – – | 1872 Hilden (wer?) | |
3 | Aporia crataegi | Baumweißling | Obstbäume | – – – | ?? | Hilden |
4 | Pieris brassicae | Gr. Kohlweißling | Kreuzblütler | ++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich in wechselnder Häufigkeit |
5 | Pieris rapae | Kl. Kohlweißling | Kreuzblütler | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
6 | Pieris napi | Grünader-Weißling | Kreuzblütler | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
7 | Pontia daplidice | Resedafalter | Kreuzblütler | ?? | Etliche Nachweise vor 1947 aus der Region Düsseldorf (Löbbecke-DB) |
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8 | Anthocharis cardamines | Aurorafalter | Wiesenschaumkraut | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
9 | Gonepteryx rhamni | Zitronenfalter | Faulbaum, Kreuzdorn | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
10 | Colias hyale | Goldene Acht | Klee, Luzerne | + | 2010 (Dahl) | Alljährlich einzele |
11 | Colias croceus | Postillon | Klee, Luzerne | + | 2009 (Dahl) | Nur in Wanderjahren (zuletzt 2009) |
12 | Melanargia galathea | Schachbrett | Gräser | – – – | 1936 | Hildener Heide 1936, Düsseldorf, Eller Forst 1930 |
13 | Hipparchia semele | Rostbinde | Gräser | – – – | 1936 (Löbbecke-DB) | |
14 | Aphantopus hyperantus | Schornsteinfeger | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
15 | Pararge aegeria | Waldbrettspiel | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
16 | Lasiommata megera | Mauerfuchs | Gräser | – – – | 2005 (Bäumler) | aktuell keine bodenständige Population |
17 | Maniola jurtina | Ochsenauge | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
18 | Pyronia tithonus | Rotbraunes Ochsenauge | Gräser | – – – | 1882 D.-Eller (Loebbecke-DB | Alljährlich häufig (Weymer 1878) |
19 | Coenonympha arcania | Weißbindiges Wiesenvögelchen | Gräser | – – – | ?? | Umgebung von Hiden |
20 | Coenonympha pamphilus | Kl. Heufalter | Gräser | – – – | 2005 (Bäumler) | Hilden Sandberg – Heide |
21 | Coenonympha tullia | Großes Wiesenvögelchen | Gräser | – – – | ?? | Hildener Heide und Unterbach/Düsseldorf |
22 | Limenitis camilla | Kleiner Eisvogel | Lonicera spec. | – – – | 1952 | Hilden Karnap |
23 | Vanessa atalanta | Admiral | Brennnessel | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
24 | Vanessa cardui | Distelfalter | Brennnessel | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
25 | Aglais urticae | Kl. Fuchs | Brennnessel | ++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich in Anzahl |
26 | Inachis io | Tagpfauenauge | Brennnessel | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
27 | Nymphalis polychloros | Gr. Fuchs | Weide, Ulme, Kirsche | – – – | ?? | Haan (Woike), Hilden (Stamm) |
28 | Nymphalis antiopa | Trauermantel | Salweide | – – – | ?? | Verbreitet |
29 | Polygonia c-album | C-Falter | Brennnessel | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
30 | Araschnia levana | Landkärtchen | Brennnessel | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
31 | Euphydryas aurinia | Goldener Scheckenfalter | Teufelsabbiss, Flockenblume | – – – | 1956 (Löbbecke-DB) | Hilden-Karnap |
32 | Melitaea athalia | Gemeiner Scheckenfalter | Wiesen-Wachtelweizen | – – – | ?? | Uberall im Gebiet |
33 | Melitaea cinxia | Wegerich-Scheckenfalter | Wegerich | – – – | ?? | Hildener Heide (Weymer 1878) |
34 | Mesoacidalia aglaja | Großer Perlmuttfalter | Veilchenarten | – – – | ?? | Hildener Heide, Karnap |
35 | Argynnis niobe | Mittlerer Perlmuttfalter | Veilchenarten | – – – | ?? | Hilden (Weymer 1878) |
36 | Argynnis paphia | Kaisermantel | Veilchenarten | + | 2010 (Dahl) | erstmals seit mindestens 14 Jahren ein Einzeltier |
37 | Boloria selene | Braunfleckiger Perlmuttfalter | Sumpf-Veilchen | – – – | 1987 ?? | Woizilinski (1987) |
38 | Issoria lathonia | Kleiner Perlmuttfalter | Violaceae | – – – | 1935 (Löbbecke-DB) | Hasseler Forst, Hildener Heide, „Überall, vorzüglich auf trockenen sonnigen Hügeln“ |
39 | Neozephyrus quercus | Eichen-Zipfelfalter | Eiche | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
40 | Satyrium ilicis | Brauner Eichen-Zipfelfalter | Eiche | – – – | ?? | Solingen, Burg a.d. Wupper (1936), Düsseldorf Wittlaer (1982) (Löbbecke-DB)„Überall. Um Eichen an trockenen Standorten“ |
41 | Satyrium w-album | Ulmen-Zipfelfalter | Ulme | – – – | ?? | Hildener Heide |
42 | Satyrium pruni | Schlehen-Zipfelfalter | Schlehe | ++ | 2010 (Dahl u.v.a.) | früher Haan, Hilden (einzeln), aktuell nur Leitungstrasse Hassels |
43 | Callophrys rubi | Grüner Zipfelfalter | Rosengewächse | – – – | ?? | überall |
44 | Lycaena virgaureae | Dukaten-Feuerfalter | Ampfer | – – – | 1934 (Löbbecke-DB) | Hilden-Karnap, D-Unterbach |
45 | Lycaena tityrus | Brauner Feuerfalter | Ampfer | – – – | ?? | Hildener Heide |
46 | Lycaena phlaeas | Kleiner Feuerfalter | Sauerampfer | ++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
47 | Celastrina argious | Faulbaumbläuling | Faulbaum, Kreuzdorn | +++ | 2010 (Dahl) | Alljährlich häufig |
48 | Maculinea alcon | Lungenenzian-Bläuling | Lungenenzian | – – – | 1888-1955 (Löbbecke-DB) | Raupennahrungspflanze ist verschwunden |
49 | Plebeius argus | Argus-Bläuling | Kleearten, Kronwicke | – – – | ?? | Hildener Heide |
50 | Polyommatus semiargus | Rotklee-Bläuling | Rotklee | – – – | 1947 Hildener Heide Löbbecke-DB | etliche Nachweise Neuss, Dormagen, Düsseldorf bis Mitte der 60er Jahre |
51 | Polyommatus icarus | Hauhechel-Bläuling | Klee, Hornklee | +++ | 2010 (Dahl) | verbreitet |
52 | Polyommatus coridon | Silbergrüner Bläuling | Kronwicke | – – – | ?? | |
53 | Erynnis tages | Kronwicken-Dickkopffalter | Kronwicke | – – – | 1936 (Löbbecke DB) | |
54 | Carcharodus alceae | Malven-Dickkopffalter | Malven | – – – | 1932 (Löbbecke DB) | |
55 | Pyrgus malvae | Kleiner Würfel-Dickkopffalter | Malven | – – – | 1937 (Löbbecke DB) | etliche Nachweise Hildener Heide, Eller Forst, Hasseler Forst bis Ende 30er Jahre |
56 | Carterocephalus palaemon | Gelbwürfeliger Dickkopffalter | Gräser | + | 2009 (Dahl) | Einzeltiere Schönholz, Taubenberg, Spörkelnbruch |
57 | Ochlodes sylvanus | Rostfarbiger Dickkopffalter | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | verbreitet |
58 | Hesperia comma | Kommafalter | Gräser | – – – | 1951 | Hilden, Karnap (Loebbecke DB) |
59 | Thymelicus lineola | Schwarzkolbiger Braundickkopffalter | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | verbreitet auf trockenen Wiesen (Altgras) |
60 | Thymelicus silvestris | Braunkolbiger Braundickkopffalter | Gräser | +++ | 2010 (Dahl) | verbreitet auf trockenen Wiesen (Altgras) |
Aktuelle Nachweise | Ausgestorben / verschwunden | |||||
26 Arten | 35 Arten |
Literatur:
BÄUMLER, A. (2005): Gutachten über Libellen und Tag-Nachtfalter Hilden. Unpubliziertes Manuskript, ULB Mettmann
GEILENKEUSER, F. W. (1907): Beitrag zur Käferfauna der Hildener Heide. – Ber. Vers. Bot. Zool. Ver. Bonn, 1907, 24-34.
KINKLER, H., W. SCHMITZ & F. NIPPEL (1971): Die Tagfalter des Bergischen Landes unter Einbeziehung der Sammlungen des Naturwissenschaftlichen und Stadthistorischen Museums Wuppertal. – Jber. naturwiss. Ver. Wuppertal, 24: 20-63, Wuppertal
WEYMER, G. (1878): Macrolepidopteren der Umgebung von Elberfeld. Zweites und vermehrtes Verzeichnis. – Jber. naturwiss. Ver. Elberfeld, 5: 50-102, Elberfeld [Wuppertal]
WEYMER, G. (1908): Kurze Notizen über die Lepidopterenfauna der Hildener Heide. – Ber. über d. Vers. Botan. und Zoolog. Ver. f. Rheinl.-Westf., S. 34-37, Bonn
WOIZILINSKI, D. (1987): Untersuchung der Groß- und Kleinschmetterlingsfauna in den Naturschutzgebieten Spörkelnbruch, Hildener Heide/Hildener Stadtwald. Unveröff. Manuskript im Auftrag des Kreises Mettmann., ca. 100 Seiten. (ULB Mettmann).
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