Der Sound des Klimawandels   1 comment

Gottesanbeterin

Gottesanbeterin – Mantis religiosa , Mosel bei Wolf, 4. August 2022 (Foto: Dahl)

Der Sommer 2022 hat es in sich, wochenlange Trockenheit, hohe Temperaturen, alles was uns die Meteorologen schon lange voraussagen. Die einheimische Fauna wird zunehmend angereichert mit Arten, die man eigentlich gar nicht auf der Liste hat.

Ein Beispiel ist die Gottesanbeterin Mantis religiosa, die sich offenbar in Nordrhein-Westfalen etabliert. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass entlang des Rheins abwärts bis nach Kleve und sogar im Perlenbachtal in der Eifel in den vergangenen Tagen Tiere aufgefunden wurden.

In der Pfalz, an der Mosel und weiter südlich an der Nahe ist die Gottesanbeterin ja schon länger zu bestaunen. Wie eine ganze Reihe von Arten aus der Geradflügler-Verwandtschaft (Ordnung Orthoptera) macht Mantis religiosa seit ein paar Jahren riesige Sprünge in der Ausbreitung nach Norden, ist jetzt auf der Linie Amsterdam-Berlin angekommen. Dank observation.org haben wir jetzt eine Möglichkeit das quasi live zu verfolgen.

Weinhähnchen

Weinhähnchen – Oecanthus pellucens, Mosel bei Wolf, 3. August 2022 (Foto: Dahl)

Ähnlich gelagert, ist die Besiedelung mit dem Weinhähnchen (Oecanthus pellucens), allerdings ist die Art hier vor meiner Haustüre im Niederbergischen anscheinend bereits fest etabliert. Im dritten Jahr in Folge singen die männlichen Weinhähnchen abends und nachts auf Brachflächen im Umfeld eines Industriegebiets hier in Haan, auch in den Wuppertaler Steinbrüchen (z.B. Oetelshofen) sind sie bereits angekommen. Wer das noch nie erlebt  hat, der kann mal hier reinhören.  So klingt der Klimawandel!

Was die Verbreitung angeht, so ist das Weinhähnchen in Deutschland jetzt auf der Höhe von Bremen angekommen, und breitet sich auch in die höheren und kühleren Lagen aus. In den Niederlanden sind Funde an der Küste bei Harlingen (Provinz Friesland) bekannt, auch in Deutschland wird das Weinhähnchen bald zur normalen Ausstattung der Feriengebiete an der Nordsee gehören.

quadripunctaria

Euplagia quadripunctaria – Verbreitung Stand 8/2022. Quelle: Observation.org, Stichting Observation International und lokale Partner.

An die Spanische Flagge – Euplagia quadripunctaria haben wir uns mittlerweile fast schon gewöhnt, das sehr auffällige Tier breitet sich anscheinen unaufhaltsam nach Norden aus. Bei der Erkennung von quadripunctaria und etlichen anderen Nachtfalterarten gibt es übrigens eine wichtige Neuerung bei observation und den zugehörigen apps: Die Künstliche Intelligenz ist mittlerweile so weit trainiert dass quadripunctaria und einige andere an bereits besiedelten Fundorten automatisch freigegeben werden. Das spart den Validatoren eine Menge Arbeit: Alleine in 2022 sind in observation knapp 1900 Fotos der Art hochgeladen worden.

Tag- und nachtaktiv: Die Spanische Flagge Euplagia quadripunctaria. (Foto: Dahl)
Weinhähnchen, Wuppertal, 21. August 2022. In den Steinbruchen am Rand des Bergischen Landes singen die Männchen Nachts zu Hunderten.
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Veröffentlicht 9. August 2022 von Armin Dahl in Arten / Listen

Eine Antwort zu “Der Sound des Klimawandels

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  1. Lieber Armin,
    ich habe die Gottesanbeterin 2019 bereits im nordöstlichsten Polen wiederholt beobachtet. Dies sind laut polnischen Entomologen die bislang am weitesten im Norden gelegenen europäischen Beobachtungen der Art. Ich schätze, mittlerweile dürfte sie bereits in Litauen angekommen sein.
    Danke für Deine / Eure interessanten Blogeinträge!
    LG Hermann

    Hermann Falkenhahn

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