Der Schnee ist schon seit Wochen weg, die Temperaturen eher frühlingshaft. Die Schneeglöckchen blühen, an der Kornelkirsche schwellen die Knospen, der Winter 2024 ist mal wieder viel zu warm, jedenfalls im Rheinland.
Höchste Zeit die Lichtfalle in Betrieb zu nehmen, sonst verpasst man noch die ersten Frühjahrsarten unter den Nachtfaltern, zum Beispiel den Schneespanner – Phigalia pilosaria. Die Art überwintert als Puppe, die Falter schlüpfen an den ersten milden Tagen des Jahres und kommen gerne ans Licht.
Die winteraktiven heimischen Spannerarten haben übrigens alle flügellose Weibchen, die man am Licht natürlich nicht zu sehen bekommt. Die Damen sitzen spätabends irgendwo in den Büschen und locken die Männchen mit arteigenen Pheromonen an, lassen sich mit etwas Glück mit der Taschenlampe finden.
Der Schneespanner ist im Vorfrühling 2024 in der Umgebung meines Gartens erfreulich häufig, hat also unter der feuchten Witterung des vergangenen Jahres anscheinend keine Einbußen gehabt. Wer keine Lichtfalle hat kann mal die Haustürbeleuchtung absuchen oder irgendwelche andere Lampen z.B. an Tankstellen im Außenbereich und Walddnähe.
Der Schneespanner ist für mich die „Motte des Monats Februar“. Die Raupen kann man im Frühling von den Büschen am Waldrand klopfen, sie sind rotbraun und sehen gut getarnt wie ein kleines Ästchen aus. Daher kommt auch der nette holländische Name für die Art: Perentak – Birnenast.
Dieser Blog war ursprünglich mal dazu gedacht, die Menschen aus der Umgebung meines Wohnorts, die sich mit Motten und Schmetterlingen bewschäftigen, besser zu vernetzen, Das hat etliche Jahre ganz gut funktioniert, vor Whatsapp und observation.org. Aber das Bessere ist der Feind des Guten, und so war die heidelandschaft.de ein wenig untergegangen.
Und das ist auch gut so, möchte man meinen. Im Januar 2024 haben wir ein paar Whatsapp-Gruppen für Motten und Blattminierer, ein paar Facebook-Gruppen für alles um Tagfalter und Naturschutz, und wir haben observation.org. Da klickt man einfach auf die Karte und sieht sofort wer im Umfeld von bis zu 10 Kilometern was und wo beobachtet hat. In Realtime, wie das heute heißt. Man lernt dabei noch eine Menge neue Leute kennen und sieht, was gerade fliegt. Oder krabbelt, schwimmt oder blüht, denn Käfer, Vögel, Pilze, Pflanzen usw. sind natürlich auch mit dabei.
Ich nutze observation mittlerweile für die komplette private Datenhaltung aller Beobachtungen, andere ticken noch ein paar Arten, die gerade von Kollegen gesehen wurden, man spart sich Notizblöckchen und Kartenmaterial, das allermeiste läßt sich mit dem Smartphone erledigen. Ob das nun die Holländer und Belgier erfunden haben, ist mir vollkommen Wurst. Hauptsache es funktioniert, und ich brauche keine weitere Software. Und funktionieren tut es! In Deutschland gibt es kein vergleichbar gutes Citizen-Science-System, und gerade in Nordrhein-Westfalen wächst die Datenmenge jährlich enorm. Und endlich habe ich auch fast alle alten Urlaubsbilder aufgeräumt und bestimmt, inklusive der Pflanzen, Heuschrecken, Reptilien aus fernen Tagen und Urlauben auf irgendwelchen griechischen Inseln.
Deutschlandweit sind in observation.org im Jahr 2023 zweieinhalb Millionen Beobachtungen zusammengetragen worden, darunter 270.000 Nachtfalter- und 120.000 Tagfalterbeobachtungen. Und das ist erst der Anfang, da bin ich mir sicher. Alleine im Kreis Mettmann – gemeinhin kein Hotspot der Artenvielfalt – haben im vergangenen Jahr nach aktuellem Stand 563 Menschen Funde auf observation gemeldet, darunter sind viele Kartierprofis und Artenkenner, aber auch eine Menge Laien und Anfänger. Der Kreis Mettmann ist damit im internen Wettbewerb der Landkreise und Städte auf Platz 10 gelandet, immerhin wurden hier insgesamt mehr als 3000 Tier- und Pflanzenarten gemeldet.
Momentan liegt ausnahmsweise Schnee, und was die Motten angeht, ist scheinbar nicht viel zu tun. Eine gute Gelegenheit, mal nach ein paar überwinternden Arten zu suchen bevor die Saison startet. Eine davon ist die Zackeneule – Scoliopteryx libatrix, die in Stollen, Tunneln, alten Bunkern, Eiskellern und dunklen Ecken von Gebäuden überwintert. Was die Dateneingabe angeht, ist das ein wenig mehr Aufwand, in Tunneln ist meist kein Netzempfang, und man muss die mit dem Handy geschossenen Bilder anschließend „von Hand“ verorten.
Ist die als trockenes Blatt verkleidete Zackeneule aber einmal entdeckt, lohnt sich die Suche nach weiteren Arten. Hat man sich erst einmal „eingeguckt“, findet man meist auch ein paar Kleinschmetterlinge, denn auch Federgeistchen und Blattmimiermotten überwintern als Falter. Und der Wetterbericht verheißt für die kommende Woche schon wieder Frühlingstemperaturen, dann lohnt sich die Suche nach den ersten Schneespannern. Und auf der heidelandschaft.de werde ich im Jahr 2024 mal wieder regelmäßiger über die einheimischen Schmetterlinge schreiben, versprochen! Vorschläge für die Motte des Monats Februar? Immer her damit!
Hier mal nur schnell zwei Fotos aus den beiden zurückliegenden Nächten, die jeweils neu nachgewiesene Großschmetterlings-Arten aus meinem Garten zeigen. Im Gebiet und drumherum wird bekanntlich seit den 80er Jahren intensiv nach Nachtfaltern geschaut, da ist das schon mal eine kleine Meldung wert.
Seit ein paar Jahren hat sichder Schönbär – Callimorpha dominula langsam nach Nordwesten vorangearbeitet, aus den Solinger Bachtälern wurde er schon länger gemeldet, auch am Rande der Ohligser Heide wurde er schon gesichtet. Und jetzt endlich auch in meinem Garten, bei Erstnachweisen von so hübschen Tieren „lohnt“ sich das nächtliche Aufstehen und Absuchen der Leuchtanlage. Die Karte der Nachweise in Deutschland zeigt bei C. dominula klar einen Trend zur Ausbreitung nach Nordwesten mit vielen neuen Quadrantenfunden gerade aus NRW. STAMM (1981: 47) schreibt zum Lebensraum „In Bachtälern und Wäldern“, wollen wir mal hoffen, dass sich der Schönbär hier etabliert.
Der Braunbinden-Blattspanner – Catarhoe cuculata lebt hier in Nordrhein-Westfalen ebenfalls am Rande seiner Verbreitungsgrenze, nordwestlich der Linie Münster/Düsseldorf/Aachen gibt es praktisch keinen Nachweise. Aus dem Messtischblatt 4807 Hilden liegt nur ein sehr lange zurückliegender Einzelnachweis vor, WEYMER (1878) berichtet über C. cuculata in der Hildener Heide, bei STAMM (1981: 187) lesen wir „in der Niederung nur lokal und einzeln […] im Bergland allenthalben; besonders in Wärmegebieten vielfach zahlreich“.
Was immer die Gründe sind, ob der wochenlange Ostwind im Frühjahr 2023 die Tiere aus dem Bergischen heruntergeweht hat, oder ob sie vielleicht sogar bereits etabliert sind, mir ist es egal!
Literatur
Stamm, K. (1981): Prodromus der Lepidopteren-Fauna der Rheinlande und Westfalens. – Selbstverlag, Solingen. VI + 229 S.
Es gibt so Tage im Frühjahr, da hält man es einfach nicht mehr aus als Nachtschmetterlingsmensch im falterarmen „Düsseldorfer Loch“. Da müssen einfach ein paar „ordentliche“ Arten auf den Zettel bzw. die Festplatte, und dabei wird – ist ja schließlich Hobby – auch Zeit und Sprit investiert. Wärmeliebende Spitzenarten will ich sehen, je bunter desto besser.
Also wird eine entsprechende Wetterlage abgepasst, eine möglichst milde Nacht ohne Wind, und dann nichts wie ab an die Mosel. Nach der Umstellung auf die Sommerzeit kann man Ende März dem irrsinnigen Feierabendverkehr rund um Köln halbwegs entgehen, dunkel wird es erst weit nach 20 Uhr, 130 Kilometer An- und Abfahrt, das geht noch gerade so.
Der nächste erreichbare Platz an den Moselhängen liegt in Winningen, das ist ein Möseldörfchen mit zweieinhalbtausend Enwohnern, hier wird seit über 1000 Jahren Weinbau betrieben. Im Wikipedia-Eintrag des Orts heißt der Tourismus noch „Fremdenverkehr“, damit der Fremde Verkehr nicht das beschauliche Dorfleben stört, hat man den gigantischen Felshang der Terassenmosel dort mit einer Autobahnbrücke verziert. Für den Entomologen hat das den Vorteil, dass man quasi einen Lichtfangplatz mit eigener Autobahnabfahrt hat: Der Rastplatz „Moselblick“ an der A61 liegt direkt an der Hangkante, die Aussicht über das Tal ist gigantisch.
Winningen ist zwar ein überschaubar spannendes Dorf, aber ein heißer Streifen für die Tier- und Pflanzenwelt, und deswegen bin ich ja hier! Wenige Meter hinter dem Rastplatz blühen Ende März die Ahornbäume, und nicht irgendwelche, sondern der Französische Ahorn – Acer monspessulanum. Der wissenschaftliche Name verweist auf das Städtchen Montpellier, das auf dem 43 Breitengrad und damit etwa 800 Kilometer entfernt, weit im Süden am Mittelmeer liegt. Der schöne, wärmeliebende Baum hat hier sozusagen das Ende der Fahnenstange erreicht, weiter nördlich als im Raum Koblenz gibt es keine bekannten natürlichen Vorkommen der Art. Aber die Pflanze, die bei Sommerdürre einfach mal die Blätter abwerfen kann, ist ein Gewinner des Klimawandels: A. monspessulanum wird mittlerweile an vielen Stellen als Straßenbaum angepflanzt.
Es dämmert schon, die Leuchtanlage ist in ein paar Minuten aufgebaut, das Notstromaggregat tuckert beruhigend, und dann heißt es warten. Aber nicht allzu lange, denn rasch füllt sich der Leuchtturm mit Faltern, die vom UV-Licht angezogen werden. Kätzcheneulen in Menge, bis auf die wärmeliebende Orthosia miniosa fliegen die alle auch vor meiner Haustüre schon. Ein kleiner Wickler, der wandert erst mal in ein Aufbewahrungsgefäß, bis zum Fototermin. Und dann ist sie plötzlich da, die Königin der Schlehenhecke: Valeria oleagina – Grüne Schmuckeule. Weiter nördlich in Rheinbrohl und im Ahrtal gibt es noch ein paar Nachweise, aber alle liegen schon mehr als 25 Jahre zurück. Auch diese Art sitzt an der Untermosel am „Ende der Fahnenstange“. Oder liegt es nur daran dass Ende März noch keiner der Kollegen zum Lichtfang ausrückt?
Jedenfalls hat sich der Abend gelohnt, vor allem weil nicht nur ein Tier von V. oleagina anfliegt, sondern am Ende ein halbes Dutzend beisammen sind. Die Grünen Edelsteine stehen unter Naturschutz und dürfen natürlich zurück in ihre Schlehenhecke.
Nur eine kleine Flachleibmotte, die ihren Namen nicht verraten will, muss ihr Leben für die Wissenschaft lassen und landet in der Sammelbox.
Der kleine Wickler bekommt noch seinen Fototermin und wird als Phaneta pauperana bestimmt, von dem es in meinem englischen Mikro-Bestimmungsbuch heißt: „flies on warm evenings…Habitat: Coastal cliffs…“. Na das passt, um Mitternacht sind es immer noch 14 Grad am Felsen über dem Fluss, beachtliche 26 Großschmetterlingsarten stehen auf der Liste, und der Fotograf macht sich auf den Weg nach Hause.
Eine Blechdose, ein Stück Draht, ein Gazebeutel, ein paar Haare oder Federn, und Geduld. Viel mehr braucht es nicht, um neue Arten im eigenen Garten zu beobachten.
Nisthilfen für Wildbienen sind schnell gemacht. Man braucht ein Stück Holz, ein paar Bohrer unterschiedlicher Stärken, einen Platz zum Aufhängen, und wie von Zauberhand erscheint im Frühjahr und Sommer eine ganze Gilde von Wildbienen und parasitischen Wespen, besiedelt das Holz bzw. seine Bewohner und lässt sich problemlos beobachten. Das ist einfach, klappt auch mitten in der Stadt. Bienen haben eine gute Lobby, und Nistkästen für Vögel sind sowieso doof, man muss sich halt entscheiden ob man im Garten die Insekten (und Raupen!) fördern oder dezimieren will.
Noch deutlich spannender als die Bienen sind die Echten Motten (Tineidae), von denen es in Deutschland ca. 70 verschiedene Arten gibt. Die meisten davon leben als Raupe und Falter gut versteckt. Die Raupen minieren in Pilzen oder morschem Holz, oder leben in Nisthöhlen von den eingetragenen Haaren und Federn („Vogelnestmotte, Taubenmotte“), mit denen die Vögel ihre Nester auspolstern. Auch Eulengewölle werden besiedelt, alte Korken („Weinmotte“) und andere zerfallende Pflanzenreste. Die Falter sind ziemlich klein, gehen nur selten an Licht und Köder, eher schon an verschiedene Pheromonpräparate.
Für diejenigen welche die Artenliste der Tiere aus ihrem Garten noch etwas erweitern wollen, hier mal ein Basteltipp der besonderen Art, den ich in einer Publikation von Erich BETTAG (1995) gefunden habe. Erich Bettag ist Pfälzisches Entomologie-Urgestein und nicht zu verwechseln mit Ernst Bettag, der den Bobby-Car erfunden hat. Hier der Text:
„Gut bewährt hat sich dabei folgende, vom Verfasser seit Jahren ausprobierte Methode: In eine leere, vorher grün gefärbte Konservendose, wird ein getrocknetes Bisamfell locker gerollt an einem starken, festen Draht eingebunden. Der Draht wird dann durch ein kleines Loch im Boden hindurchgeführt. Das ganze wird kopfunter frei an einem Ast aufgehangen, über eine ganze Vegetationsperiode dort belassen und im Winter eingeholt. Das Fell wird von Tineiden und Coleopteren mit Eiern belegt. Im warmen Zimmer lassen sich dann die Tineidenraupen problemlos weiterzüchten. Diese Methode hat sich zum Nachweis mancher Tineidenarten in abgegrenzten Untersuchungsgebieten gut bewährt.„
Wo kriegt man heutzutage ein Bisamfell her? Bevor Ihr jetzt anfangt am alten Pelzmantel der Gemahlin ein paar Streifen abzuschneiden: Das Anlocken der Tineiden geht wahrscheinlich auch mit anderem Material, Schafwolle, Pferdehaare, der Hund sollte auch mal wieder gekämmt werden, und die Ziegenledertasche aus Griechenland liegt auch schon seit Jahrzehnten nutzlos im Keller herum. Daraus kann man sich rasch etwas zusammenbasteln, was für die Echten Motten attraktiv ist.
Die oben erwähnten Coleopteren gehören übrigens zu den unangenehmen Tieren, die man in Insektenkästen und auch auf den Spannbrettern nicht haben will: Speckkäfer und Konsorten zerkrümeln auch heute noch erstaunlich rasch auch größere Sammlungen. Weshalb man regelmäßig mal die Sammelbehälter kontrollieren und das Mottenpapier erneuern sollte.
Ob man seine Motten-Blechdose wirklich grün anstreichen muss, das dürft Ihr selbst entscheiden. Der Behälter mit den ausschlüpfenden Motten kann in einem Gaze-Einkaufsbeutel ins Haus gebracht werden, die Beutel sind an der Obsttheke im Supermarkt für kleines Geld zu haben. Man kann natürlich auch für Mondpreise sogenannte Aerarien im Fachhandel kaufen. Die Behälter sollte man täglich auf geschlüpfte Motten kontrollieren. Und Vorsicht beim Fotografieren, am besten im Innenraum und die Fenster vorher zumachen: Echte Motten sind auch bei tiefen Temperaturen flugfähig und blitzschnell am Start.
Literatur:
BETTAG, E. (1995): Zur Biologie und Verbreitung seltener Tineidae und der Eule Hypenodes turfosalis Wocke, 1850 in Rheinhessen-Pfalz und an der Nahe (Lep., Tineidae et Noctuidae). Melanargia, 7 (4); 89-96 Leverkusen
BETTAG, E. (1996) unter Mitarbeit von K. BASTIAN: Verzeichnis der Klein-Schmetterlinge (Insecta: Lepidoptera) von Rheinhessen-Pfalz. Teil VII: Tineidae (Echte Motten) – Mitt. POLLICHIA, 83: 177-202, Bad Dürkheim
„… und warum Sie nichts sehen, das werden Sie gleich sehen“. Der Spruch stammt vom legendären Fernseh-Quizmaster Hans-Joachim Kuhlenkampff, aus einer fernen Zeit, als am Samstagabend noch alle vor der Glotze saßen und EWG schauten, und das iphone noch nicht mal angedacht war. Medien-Mottenkiste sozusagen, aber der Spruch fiel mir gestern spontan wieder ein, beim Spaziergang am Unterbacher See im Süden Düsseldorfs.
Nemapogon clematella, Fraßspur an Hasel bzw. Hypoxylon spec., Düsseldorf, Unterbacher See 24. Februar 2023 (Foto: Dahl)
Beim ersten hinschauen sah ich nämlich erst mal gar nichts, nur ein paar schwarze Punkte auf einem morschen Haselnussstecken. Also näher ran, und da war sie dann, die Fraßspur der Erlengebüschmotte Nemapogon clematella. Der Kollege mit den Adleraugen hatte sie als erster entdeckt und stieß ein begeistertes „na geht doch!“ aus, übersetzt heißt das so viel wie: Endlich mal wieder eine neue Mottenart auf der Liste! Und eine Art mehr für den Düsseldorfer #Bioblitz.
Eine Echte Motte (Familie Tineidae), aber keine von denen, deren Raupen einem Löcher in die Strickpullover fressen. Nemapogon clematella lebt als Larve unter der Rinde von verpilzten Erlen- und Haselstämmchen, und ernährt sich von Schlauchpilzen der Gattung Hypoxylon. Und zwar lebt sie unter der Rinde, weshalb man erst mal gar nichts sieht, siehe oben. Kot und Holzgenagsel werden aber irgendwie nach draußen geschafft, und das ergibt ganz typische Fraßspuren, aus hellen und dunklen Krümelchen, angeblich unverwechselbar.
Die handelsüblichen Bestimmungs-Apps von observation.org und inaturalist erkennen – Stand Februar 2023 – auf dem Bild erst mal nur die Pilzgattung Hypoxylon, immerhin. Aber das kann sich rasch ändern, wenn Ihr beim Spazierengehen im Spätwinter ein wenig im Gebüsch herumstöbert und nach den Pilzen Ausschau haltet. Und die Spuren mit Fotos meldet, natürlich. Das Tierchen selbst fliegt ab Mai, und wenn man die Spur der Raupe im Frühjahr mit dem Holz eingesammelt hat, kann man sie wahrscheinlich leicht daraus erbrüten.
Vor meiner Haustüre tut sich erstaunliches: Nachdem der lokal tätige Naturschutz jahrzehntelang gepredigt hat, dass die Hildener Heidemoore in miserablem Zustand seien, werden die kleinen NSGs im Hildener Stadtwald endlich renaturiert und besser vernetzt.
Zur Erinnerung: Bereits in der Schutzgebietsausweisung im Jahr 1992 wurde auf den schlechten Zustand der Moore hingewiesen. Als Maßnahmen wurden seinerzeit z.B. für das kleine Moor am Taubenberg festgelegt: „Freihalten der Heidemoorbereiche, Abplaggen von Teilbereichen, Durchforstung der Stieleichenkultur, …Schließen der Entwässerungsgräben, Birken und Eichen an den Wegrändern erhalten (Sichtschutz)“.
Das ausführliche Gutachten mit Datenerhebungen aus den 80er Jahren lag seit 30 Jahren mehr oder weniger unbeachtet in den Schränken der Unteren Naturschutzbehörde Kreis Mettmann und des Grünflächenamtes in Hilden. Die AGNU Haan führte mit der Biostation und Hildener Naturschutzverbänden einige kleinere Pflegeeinsätze durch, es wurden zeitweilig „Ranger“ eingesetzt um den Besucherdruck zu kanalisieren, der Sandberg teilweise eingezäunt und eine ausserhalb gelegene „Hundewiese“ eingerichtet. Der Zustand des kleinteilig zugeschnittenen Naturschutzgebiets verschlechterte sich jedoch zunehmend, vor allem durch die zunehmende Verwaldung der winzigen Moore. Und auch die Ausweisung als Natura 2000-Gebiet (FFH-Gebiet) mit hohem Schutzstatus beförderte die Sache nicht. In anderen Städten der Region lief es nicht viel besser, zum Beispiel im 70 Hektar großen NSG Further Moor in Langenfeld, das seit langem von Austrocknung bedroht ist.
Wie man es besser hätte machen können? Als positives Beispiel in der Region kann das NSG Ohligser Heide direkt südlich von Hilden gelten, hier wurden schon seit langem entsprechende Maßnahmen umgesetzt: Großflächige Freistellungen, Reduzierung des Wegenetzes, Abplaggen des Oberbodens, extensive Schafbeweidung auf großer Fläche. In der Folge sind dort auch seltene Schmetterlingsarten wie der Sumpfwiesen-Perlmuttfalter – Boloria selene wieder aufgetaucht, die jahrzehntelang verschollen waren. Bemerkenswert auch der Unterschied bei den Nachtfaltern, in der Ohligser Heide ist zum Beispiel das Kleine Nachtpfauenauge – Saturnia pavonia ein Massentier, wie man auf unserem Mottenkanal nachschauen kann.
Aber jetzt! Moorschutz und Wasserrückhaltung sind wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, im Kampf gegen die Klimakrise will die Bundesregierung den Schutz und die Wiederherstellung von Moorgebieten vorantreiben. Offene Heide Liefert bekanntlich den höchsten Eintrag von Niederschlag ins Grundwasser – und nicht etwa der Wald, wie viele glauben. Zudem heißt der Umweltminister in NRW heute Oliver Krischer, ist Naturschutzfachmann und bekennender Ornithologe, der auch schon die Bergische Heideterrasse in Solingen-Ohligs besucht hat. Geld für entsprechende Maßnahmen ist schon länger da, der politische Wille momentan auch!
Die Bagger und Traktoren rollen jetzt auch in der „Hildener Heide“, der nährstoffhaltige Oberboden wird abgefahren, Gräben verschlossen und ehemalige Moorflächen entwaldet. Das Oberflächenwasser soll zukünfig besser in den Gebieten gehalten werden, mit positiven Nebeneffekten für Glockenheide, Moorlilie und andere Sumpfbärlapp. Boloria selene sehe ich da noch nicht wieder, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Zu verdanken haben wir das vor allem dem unermüdlichen Einsatz von Moritz Schulze (Biostation Haus Bürgel), der sich auch von hartnäckigem Widerstand nicht aus der Spur bringen ließ.
Landschaftsplan Kreis Mettmann – Biotopmanagementplan. Naturschutzgebiet Hildener Heide und Spörkelnbruch. Erläuterungsbericht VI 1992. 219 S., (ULB Mettman)
Woizilinski, D. (1987): Untersuchung der Groß- und Kleinschmetterlingsfauna in den Naturschutzgebieten Spörkelnbruch, Hildener Heide/Hildener Stadtwald. Unveröff. Manuskript im Auftrag des Kreises Mettmann., ca. 100 Seiten. (ULB Mettmann)
Gottesanbeterin – Mantis religiosa , Mosel bei Wolf, 4. August 2022 (Foto: Dahl)
Der Sommer 2022 hat es in sich, wochenlange Trockenheit, hohe Temperaturen, alles was uns die Meteorologen schon lange voraussagen. Die einheimische Fauna wird zunehmend angereichert mit Arten, die man eigentlich gar nicht auf der Liste hat.
Ein Beispiel ist die Gottesanbeterin Mantis religiosa, die sich offenbar in Nordrhein-Westfalen etabliert. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass entlang des Rheins abwärts bis nach Kleve und sogar im Perlenbachtal in der Eifel in den vergangenen Tagen Tiere aufgefunden wurden.
In der Pfalz, an der Mosel und weiter südlich an der Nahe ist die Gottesanbeterin ja schon länger zu bestaunen. Wie eine ganze Reihe von Arten aus der Geradflügler-Verwandtschaft (Ordnung Orthoptera) macht Mantis religiosa seit ein paar Jahren riesige Sprünge in der Ausbreitung nach Norden, ist jetzt auf der Linie Amsterdam-Berlin angekommen. Dank observation.org haben wir jetzt eine Möglichkeit das quasi live zu verfolgen.
Weinhähnchen – Oecanthus pellucens, Mosel bei Wolf, 3. August 2022 (Foto: Dahl)
Ähnlich gelagert, ist die Besiedelung mit dem Weinhähnchen (Oecanthus pellucens), allerdings ist die Art hier vor meiner Haustüre im Niederbergischen anscheinend bereits fest etabliert. Im dritten Jahr in Folge singen die männlichen Weinhähnchen abends und nachts auf Brachflächen im Umfeld eines Industriegebiets hier in Haan, auch in den Wuppertaler Steinbrüchen (z.B. Oetelshofen) sind sie bereits angekommen. Wer das noch nie erlebt hat, der kann mal hier reinhören. So klingt der Klimawandel!
Was die Verbreitung angeht, so ist das Weinhähnchen in Deutschland jetzt auf der Höhe von Bremen angekommen, und breitet sich auch in die höheren und kühleren Lagen aus. In den Niederlanden sind Funde an der Küste bei Harlingen (Provinz Friesland) bekannt, auch in Deutschland wird das Weinhähnchen bald zur normalen Ausstattung der Feriengebiete an der Nordsee gehören.
Euplagia quadripunctaria – Verbreitung Stand 8/2022. Quelle: Observation.org, Stichting Observation International und lokale Partner.
An die Spanische Flagge – Euplagia quadripunctaria haben wir uns mittlerweile fast schon gewöhnt, das sehr auffällige Tier breitet sich anscheinen unaufhaltsam nach Norden aus. Bei der Erkennung von quadripunctaria und etlichen anderen Nachtfalterarten gibt es übrigens eine wichtige Neuerung bei observation und den zugehörigen apps: Die Künstliche Intelligenz ist mittlerweile so weit trainiert dass quadripunctaria und einige andere an bereits besiedelten Fundorten automatisch freigegeben werden. Das spart den Validatoren eine Menge Arbeit: Alleine in 2022 sind in observation knapp 1900 Fotos der Art hochgeladen worden.
Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte, deshalb fasse ich mich kurz: Vor einer Woche noch war das eine trockene, herrlich blühende Wiese, für eine Menge Steuergeld angelegt von der Landeshauptstadt, die sich mit Klimamonitoring, Artenvielfalt und einem vorderen Platz beim BioBlitz 2022 brüstet. Ein riesiges Meer von Echtem Labkraut, massig buntes Blütenangebot und darin jede Menge Fluginsekten.
Und jetzt das: Die ganze blühende Oase namens Maurice-Ravel-Park im schicken Stadtteil Pempelfort, auf einen Schlag heruntergef…. bis auf die Strünke. Wer oder was auch immer hier lebte, das befindet sich jetzt in der Kompostieranlage und wurde zur Sicherheit vorher kleingehäckselt.
Es dauert wohl noch eine Weile bis die Teilflächen- oder Streifenmahd, bis das stehenlassen von Altgras- und Refugialstreifen und das restliche kleine Einmaleins des Artenschutzes in den Köpfen der Düsseldorfer Stadtgärtner angekommen sind. So jedenfalls macht man es NICHT.
Vielleicht liegt´s ja am Namen des Parks. Maurice Ravel war als Komponist ziemlich meinungsstark, einige Wutausbrüch sind überliefert, Experimente mit seinen eigenen Werken konnte er überhaupt nicht ab. Als Arturo Toscanini einmal seinen berühmten Bolero aufführte, schrie Ravel im Saal herum: „Ich bin der Komponist!“ und beschimpfte den Dirigenten: „Das Schwein hat zu schnell gespielt, das ist unverzeihlich! Das ist unglaublich! Das Stück ist ruiniert!“.
So etwas ähnliches kam mir heute in den Sinn, als ich auf der Zoobrücke stand und das Desaster ansehen musste. Ich bin zwar nicht der Parkplaner, könnte aber schreien vor Wut und Enttäuschung. Aufräumen und Pflege sind zwei verschiedene Dinge – Gut gemeint ist halt nicht gut gemacht.
Hier haben sich ein paar Anfragen angesammelt, mit welchen Methoden man am besten Glasflügler fängt, oder wie Anflugkäfige für selbst gezüchtete Mottenweibchen aussehen müssen. Keine Bauanleitung, eher was für Kinder!
Professionelle Fallen kosten im Handel knapp unter 10 Euro, wenn man se z.B. bei der Pherobank in den Niederlanden bestellt. Im Baumarkt oder bei Firmen wie Plantura nehmen sie Euch für eine Buchsbaumzünslerfalle gerne auch mal 25,- Euro ab. Für einen einzige Falle wohlgemerkt, was gelinde gesagt Nepp für ein bisschen Plastik ist. Mal ganz abgesehen davon, dass männliche Buchsbaumzünsler zu fangen ein herrlich unsinniger Quatsch ist, nur gut zum Erkennen eines Befalls. Zur Bekämpfung der Zünsler taugt das Wegfangen der Männchen bekanntlich nichts. Die Weibchen werden natürlich trotzdem befruchtet und legen ihre Eier ab, ob da eine Falle hängt oder nicht.
Damit Ihr nicht unnötig Geld ausgebt, hier mal ein Bild von einer vollständig ausreichenden Falle, mit vespiformis-Glasflüglern, gefangen vor etlichen Jahren im Burgholz in Wuppertal. Eine Bauanleitung braucht man dafür nicht, macht dafür nur ein paar Kinder froh, oder Erwachsene ebenso.
Die von Observation International betriebene Beobachtungsplattform observation.org hat einige von uns in den vergangene Monaten stark beschäftigt. Die Möglichkeiten der Dateneingabe über verschiedene Apps wurde getestet, Tausende von Fotos wurden eingestellt und nach Möglichkeit validiert, neue Gebiete angelegt usw. Die Möglichkeiten, seine eigenen Beobachtungen mit denen der Kollegen in „Realtime“ zu vergleichen sind super, die Qualitätssicherung wurde optimiert. Und wo das nicht genug war, kam noch der eine oder andere Whatsapp-Chat zum Einsatz, mit Hunderten von Einträgen, oder die Youtube-Videos aus dem mothhunters Channel. Im Rausch der Artenvielfalt ging das Jahr mal wieder viel zu flott herum, auch die Corona-Epidemie hat uns dabei nicht wirklich behindert, der Digitalisierung sei Dank!
Nach der Umstellung auf ein neues Design, etlichen Erweiterungen u.a. bei der Bestimmung mittels Künstlicher Intelligenz, stehen jetzt bei observation.org auch völlig neue Anwendungen zur Verfügung. Eine davon ist der sogenannte „Bioblitz“, ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Regionen.
Münster, wo das LWL-Museum das Bioblitzen mit großem Aufwand fördert, führt bei der Zahl von Beobachteten Arten und Beobachtungen. Die meisten Beobachter hat jedoch der Kreis Kleve: Hier sind die an observation.org bzw. waarneming.nl gewöhnten Holländer am Wochenende unterwegs, und geben reichlich Daten ein. Aber auch Aachen, der Kreis Euskirchen, Bochum, Duisburg und der Ennepe-Ruhr-Kreis liegen vorne mit dabei. Das macht schon richtig Spass, wir wissen ja wer dort aktiv war! Und auch an der Mosel im Kreis Bernkastel-Wittlich tut sich viel, dort sind ein paar Junge Wilde unterwegs, gute FotografInnen und reichlich holländische Touristen.
Bisher wusste ja eigentlich keiner von dieser Sache, 2022 soll dann das Projekt Bioblitz richtig angeschoben werden. Mein Ziel: 1500 Arten im Kreis Mettmann und 200 Beobachter. (2021 bisher 1208Arten, 84 Beobachter).
Die Vegetation hat seit Anfang März 2021 eine Atempause eingelegt, ein stabiles Hochdruckgebiet mit Kaltlufteinbruch, Ostwind mit Nachtfrost, ein paar Kornelkirschen und Salweiden blühen, und an warmen Stellen wagen sich einzelne Blüten von Kirschpflaumen und Schlehen heraus. Kätzcheneulen fliegen noch spärlich, Lichtfänge mit Mütze und Handschuhen machen keinen rechten Spass. Hier mal eine einfache Übung für die Zeit, bis es draußen so richtig losgeht mit den Nachtfaltern.
In den Blütenköpfen der Karde (Dipsacus fullonum) leben bei uns zwei Wickler-Arten, die relativ leicht zu finden sind: Endothenia gentianeana und E. marginana. Die Falter lassen sich im Feld nicht unterscheiden, bei den Raupen ist das sehr viel einfacher, und der Vorfrühling ist für die Suche eine gute Zeit.
Karden wachsen auf Schuttplätzen und in Ruderalfluren, wer sich die Pflanze in den Garten holt, bekommt einen fantastischen Insektenmagneten, der Bienen, Wespen und Schmetterlinge magisch anzieht. Als Kinder haben wir seinerzeit die trockenen Blütenköpfe gesammelt und mit Goldlack angesprüht, als Weihnachtsdekoration. Heute steht da allerdings eher das entomologische Interesse im Vordergrund.
Hat man sich einmal überwunden die pieksigen trockenen Blütenstände der Karde auseinanderzunehmen, sieht man sofort, ob der Blütenkopf bewohnt oder nicht. Der normalerweise hohle Blütenboden ist dann voller Kotkrümel, die Raupe meist direkt zu erkennen, oder sie sitzt im angrenzenden obersten Stengelabschnitt. Rosafarbene Raupen mit schwarzer Afterplatte sollten zu Endothenia marginana gehören, eher weißliche Raupen ohne Afterplatte zu Endothenia gentianeana.
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Die Raupen von Endothenia gentianaeana leben nach Literaturangaben übrigens nicht nur in der Karde, sondern auch in Enzian und Wegerich. Am einfachsten zu finden sind sie jedoch in den alten Kardenblüten im zeitigen Frühjahr. Auf Neudeutsch ist das eine relativ leichte Challenge.
Endlich mal wieder Winter! Der Blick aus dem Arbeitszimmer geht über verschneite Schafweiden, die Köder im Garten sind eingefroren, das Auto mit kaputter Heizung in der Werkstatt. Nach einer saukalten Nacht mit zweistelligen Minustemperaturen (-12°C in meinem Garten in Haan) kann ich mich für den Rest der Woche endlich mal mit dem Schmökern bzw. Surfen beschäftigen.
Die Kollegen aus den Niederlanden haben im vergangenen Jahr 2020 mal wieder die Latte für faunistische Beteiligung hochgelegt : 450.000 Nachtfaltermeldungen (nur Makros!) von 697 verschiedenen Arten gab es im Nachbarland. Die Vlinderstichting hat das alles in einem kurzen Bericht zusammengestellt, den man hier anschauen kann. Zum Vergleich: Im Arbeitsgebiet der Rheinisch-Westfälischen Lepidopterologen kamen im Jahr 2020 bisher gut 40.000 gemeldete Einzelbeobachtungen zusammen (inklusive Mikros), und die meisten Daten sind bereits importiert. Die Niederlande haben dabei etwas weniger Einwohner als Nordrhein-Westfalen (17,2 / 17,9 Millionen), und zum Arbeitsgebiet gehören noch der Norden von Rheinland-Pfalz und Teile von Hessen, Niedersachsen und der Norden des Saarlandes.
Fünf neue Arten Makros gab es in NL zu vermelden, einer davon, der Schneeball-Glasflügler, geht immerhin auf das Konto von Heidelandschafts-Urgestein Armin Radtke. Aber auch eine Reihe weiterer Raritäten wurde vermerkt, so zum Beispiel der vierte Nachweis von Polyphaenis sericata aus Limburg. Unfassbar wenn man das bisher bekannte Verbreitungsgebiet anschaut, ich selbst kenne sericata nur von einer Exkursion ins Loreleygebiet. Zu P. sericata gibt es übrigens auch aus Deutschland Nachweise von 2020 aus Frechen, in Niedersachsen ist die Art 2019 sogar bis in den Raum Hannover vorgestoßen. Bleibt abzuwarten ob die Vorkommen die aktuellen Frostperioden unbeschadet überstehen.
Zurück zu den Niederlanden: Wer kein holländisch lesen kann, sollte sich den oben erwähnten Text kopieren und bei Google translate einfügen. Hier mal ein von Google übersetzter Abschnitt der mir besonders gefallen hat:
„Im Herbst wurden drei neue Motten für die Niederlande beobachtet, das kleine gelbe Waisenkind (Catocala nymphagoga), die südliche Eicheneule (Dryobota labecula) und der anmutige Haarwald (Ochropleura leucogaster).“
Nach den milden Nächten der letzten Tage habe ich heute mal eine kleine Runde durch die Tunnels und Unterführungen der Region gedreht. Mit Taschenlampe und Fernglas bewaffnet, um auch in die unzugänglichen Ecken schauen zu können.
Acht Arten und knapp 80 Tiere insgesamt, und jetzt weiß ich auch wo die Federgeistchen den Winter verbringen.
Zackeneule – Scoliopteryx libatrix D-NRW Haan-Gruiten, 4. Februar 2021 (Überwinterer)
Hopfen-Schnabeleule – Hypena rostralis D-NRW Haan-Gruiten, 4. Februar 2021 (Überwinterer)
Geißblattgeistchen – Alucita hexadactyla, D-NRW Haan-Gruiten, 4. Februar 2021 (Überwinterer)
Gemeine Kätzcheneule – Orthosia cerasi D-NRW Düsseldorf, Eller Forst, 4. Februar 2021
Frühlings-Kreuzflügel – Alsophila aescularia D-NRW Düsseldorf, Eller Forst, 4. Februar 2021
Weißgrauer Breitflügelspanner – Agriopis leucophaearia D-NRW Düsseldorf, Eller Forst, 4. Februar 2021
Schneespanner – Phigalia pilosaria D-NRW Düsseldorf, Eller Forst, 4. Februar 2021
Graugelber Breitflügelspanner – Agriopis marginaria D-NRW Düsseldorf, Eller Forst, 4. Februar 2021
Poecilocampa populi, Solingen Ohligs, 14. Dezember 2020, Foto: Kai Kruse
Seit Jahren beneide ich im Spätherbst alle möglichen Menschen um mich herum! Jeder findet sie, nur ich nicht! Ausgerechnet bei mir, wo seit vielen Jahren an der Haustür das Licht brennt, wo ständig geleuchtet wird, ausgerechnet da gibts keine Pappelglucken.
Poecilocampa populi macht offenbar einen Bogen um mein Haus, die Gründe sind nicht so klar, es gibt hier Pappel, Eiche, Obstbäume alle Sorten, Birke etc., alles was so als Nahrungspflanze der populi-Raupe genannt wird.
Aber zum verrecken keine Pappelglucken in den vergangenen 15 Jahren, und zwar im gesamten Meßtischblatt 4708 Hilden. Die letzten Angaben stammen von STAMM (1981), bei KINKLER et al. (1974) liest man „Überall, insbesondere in den Mischwäldern des Berglandes“.
Von wegen überall! Überall nur hier nicht! Ich gestehe auch dass ich in den vergangenen Jahren mehrfach versucht habe Raupen von populi aufzuziehen, alles vergeblich, Wiederfunde von den eigenen Vermehrungsversuchen gab es keine. (
Aber man muss auch „jönne könne“: 2020 sind etliche Nachweise in der weiteren Umgebung gelungen, so zum Beispiel in den Wäldern im Norden von Düsseldorf.
Und rund um die Ohligser Heide (in „meinem“ Meßtischblatt) gleich an zwei Stellen. Eine davon hat eine besondere Qualität, ist sie doch über Inaturalist erfolgt, das ist sozusagen die kalifornische Variante von observation. Inaturalist ist ein wirklich starkes Tool, die Community weltweit verteilt, vielleicht werft Ihr ja mal einen Blick hinein. Man kann sich zum Beispiel sehr gut mit den Leuten aus der Umgebung vernetzen, und deren Beobachtungen kommen tagesaktuell per Mail, das ist wirklich gut gemacht.
Zurück zur Pappelglucke: Der zweite neuere Nachweis aus dem MTB 4709 erfolgte ebenfalls am Rand der Ohligser Heide (siehe oben), und beide gehören zu den spätesten die überhaupt jemals aus NRW gemeldet wurden, Datum 14. Dezember 2020.
Offenbar verlängert der Klimawandel auch die Flugzeiten der im Herbst aktiven Arten nach hinten raus, auch aus Wuppertal und Hattingen liegen aktuella Funde vor. Letzterer erfolgte sogar noch einen Tag später, vorläufiger Gewinner der diesjährigen Pappelgluckenrallye ist Armin Jagel, der eine erfolgreiche Runde um die Telefonzellen südlich von Hattingen gedreht hat.
Warum die von den Briten „December Moth“ genannte Art hier bei mir nicht vorkommt, das bleibt erst einmal ungeklärt. Vielleicht liegt es doch daran, dass „viele Tiere durch künstliche Lichtquellen aus ihrem Entwicklungshabitat herausgelockt werden„, wie von EBERT (1994) vor mehr als 25 Jahren beschrieben. Aber wahrscheinlich fehlt mir einfach nur die Geduld!
2020 war ein spannendes und verrücktes Jahr, mit zahlreichen Highlights, was die Falter betrifft. Und was die Datenlage angeht haben wir uns nichts vorzuwerfen, die ist TOP! Allen die hier mitlesen wünsche ich einen entspannten Lockdown und wir sehen uns dann hoffentlich im kommenden Jahr!
EBERT, G. (1994) Die Schmetterlinge Baden-Württembergs 4: 14.
KINKLER, H., W. SCHMITZ, F. NIPPEL & G. SWOBODA (1974): Die Schmetterlinge des Bergischen Landes, II. Teil: Spinner, Schwärmer etc. unter Einbeziehung der Sammlungen des FUHLROTT-Museums in Wuppertal. – Jber. naturwiss. Ver. Wuppertal, 27: 38-80, Wuppertal
STAMM, K. (1981): Prodromus der Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens. 229 S., Solingen (Selbstverlag).