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Honigbienen in Naturschutzgebieten: Kleines Pro und Großes Kontra   5 comments

Die Imkerei ist im Aufwind, seit Jahren wachsen die Zahlen der aufgestellten Völker rasant an, vor allem in den Städten und Ballungsräumen. Das ist zuerst einmal positiv zu sehen, Menschen, die sich intensiv mit der Natur beschäftigen, kann man gar nicht genug haben. Doch natürlich kann jedes Nektartröpfchen und jedes Pollenkorn nur einmal verteilt werden.

Das vermehrte Imkern bedeutet im Umkehrschluss: Für alle anderen Tiere, die auf Pollen und Nektar angewiesen sind, bleibt weniger übrig. Dazu gehören blütenbewohnende Käfer, Schmetterlinge und ihre Raupen, Wanzen, Fliegen, und natürlich die Wildbienen. Im nachfolgenden Text werde ich versuchen ein paar Fakten zusammenzutragen, aber eines schon mal als Zusammenfassung vorab: Imkerei in Naturschutzgebieten der Region widerspricht nach meinem Verständnis dem Schutzgedanken, schadet der angestrebten Artenvielfalt der Insekten. Bienenvölker haben in Naturschutzgebieten nichts zu suchen!

Das Thema ist zugegebenermaßen ein wenig heikel, aus verschiedenen Gründen. Honigbienen und Imker haben in der Bevölkerung ein extrem positives Image, wer sich daran vergreift, muss mit Unverständnis und Gegenwind rechnen.

Da ist zum einen der immer wieder zitierte Spruch von Albert Einstein: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“
Niemand kann wollen dass die Menschheit ausstirbt. Aus der Sicht des Entomologen möchte man allerdings rufen: „Albert, wärst Du doch bei Deinen Elementarteilchen geblieben„. Denn von Elektronen und Quanten hat die Ikone der Physik mit Sicherheit mehr verstanden als von Blütenbiologe, Bestäubung und Artenvielfalt. Einstein selbst würde diesen diesen Vorwurf wohl gut verschmerzen, hat er doch mit seinen Theorien das alte Denkgebäude der Physik zum Einsturz gebracht und der Fachwelt auch noch symbolhaft die Zunge herausgestreckt. Paradigmenwechsel, nach Wikipedia „Wandel grundlegender Rahmenbedingungen für einzelne wissenschaftliche Theorien“, waren sozusagen Einsteins Lebensleistung. Bezogen auf die Bienen heisst das hier: Nicht alles was summt ist gut!

Zum zweiten hat wahrscheinlich jeder ordentliche Deutsche schon mal im Biologieunterricht vom Schwänzeltanz der Bienen gehört. Für dessen Entdeckung hat Karl Ritter von Frisch, Zoologieprofessor aus München und einer der Väter der Verhaltensforschung, 1973 den Nobelpreis für Medizin erhalten hat, zusammen Nikolaas Tinbergen und Konrad Lorenz. Wie die Bienen untereinander kommunizieren und die Himmelsrichtung guter Pollen- und Nektarquellen weitererzählen ist bis heute fester Bestandteil der Biologie-Lehrpläne, jeder kennt das Insekt. Bienenkunde und Imkerei haben in Deutschland eine lange gepflegte Tradition, die Organisation der deutschen Imker hat einen straff hierarchischen Aufbau. Etwa 3.000 Imker-Ortsvereine gibt es in Deutschland, darüber Kreisimkervereine, Landesverbände, der Deutsche Imkerbund e.V. (DIB) als Dachverband vertritt nach eigenen Angaben über 120.000 Imker.

Die Bundesländer finanzieren eine ordentliche Infrastruktur rund um die Honigbiene, leisten eine bisher vom Steuerzahler klaglos hingenommene Lobbyarbeit. Neben den Imkerverbänden gibt es zudem einen ganzen Stall voller staatsnaher Institute, u.a. für Bienenkunde, Forschung zu Bienenkrankheiten, Zusammensetzung des Honigs, „Bienenverträglichkeit“ von Spritzmitteln, Absatzförderung für das Endprodukt Honig usw.

Auf der Webseite des DIB ist zu lesen: „Reiche Ernten, üppiges Wachstum und natürliche Artenvielfalt hängen stark von Bienen ab“. Dank der Bestäubung von Kulturpflanzen durch Bienen werden angeblich höhere und gesicherte Erträge erzielt. Der Wahrheitsgehalt und die Sinnhaftigkeit der Sache an sich wird nur selten hinterfragt. Und wenn doch, so erhebt sich gegen die Mahner sofort das was neuerdings als „shitstorm“ bezeichnet wird: Man gilt als Spinner und macht sich halt keine Freunde, wenn man gegen die herrschende Stimmung anschreibt. Davon konnte übrigens auch Albert Einstein ein Lied singen, dessen Fachkollegen noch an ihren mechanischen Äthermodellen hingen. Ich selbst habe vor ein paar Jahren mal einen Vortrag zu dem Thema in der Biostation gehalten, vor Fachpublikum. Damals ging der Vetreter der Landwirte im Kreis Mettmann wie ein HB-Männchen an die Decke, als ich einfach mal die Fakten präsentiert habe.

Die Behauptung, rund 85 % der landwirtschaftlichen Erträge im Pflanzen- und Obstbau hingen in Deutschland von der Bestäubung der Honigbienen ab, (Deutscher Imkerbund), ist eine ziemlich steile These! Wer sich einmal in halbwegs intakter Landschaft vor einen blühenden Obstbaum stellt, der kann ein Heer verschiedenster Insekten beobachten, die alle zusammen an der Bestäubung der Blüten mitwirken: Am Tag sind es Käfer, Schmetterlinge, Hummeln, Schwebfliegen, Wildbienen, bei Dunkelheit zahlreiche Nachtfalterarten („Motten“), die sich von Nektar und Pollen ernähren und dabei die Äpfel, Birnen, Kirschen usw. befruchten.

Und dazu mal eine andere Überlegung: Man stelle sich einfach einmal vor, jede Blüte an einem Apfelbaum würde sich zu einem Apfel entwickeln. An jedem kleinen Ästchen kommen Dutzende von Knospen zur Blüte, wäre der Baum überhaupt in der Lage, die Fruchtansätze zu versorgen, würde er im Sommer unter der Last der Früchte zusammenbrechen. Der Baum oder Strauch entscheidet also selbst, wie viele Früchte sich entwickeln können, und der Rest der Fruchtansätze muss sowieso abgeworfen werden. Jeder kennt sie, diese kleinen grünen Kügelchen unter den Bäumen nach dem Laubaustrieb: überschüssige bestäubte Fruchtstände.

Und noch ein paar Zahlen, alle aus offiziellen Imkerverbands- oder Behördenseiten: Für 1 Kilo Honig müssen die Völker ca. 3 Kilogramm Nektar eintragen. 25.000 Tonnen Honig produzierten die Imker in Deutschland im Jahr 2018, nach Zahlen des Deutschen Imkerbundes. Für 1,5 kg Wachs – das ist die durchschnittliche Jahresproduktion eines Volkes – verarbeiten die Bienen zusätzlich ca. 15 kg Honig und 1,5 kg Blütenstaub. Und auch der Honigbienen-Nachwuchs braucht Pollen als Nahrung: Ein Bienenvolk verbraucht insgesamt ca. 30 Kilogramm Pollen pro Jahr.

Bei geschätzten 800.000 Bienenvölkern in Deutschland kommen da astronomische Mengen an Nektar und Pollen zusammen, die aus der Natur entnommen werden. Und natürlich damit den übrigen einheimischen Insekten nicht zur Verfügung stehen.

25.000.000 kg Honig X 3 (Nektar“) = 75 Millionen Kilogramm Nektar

800.000 (Völker) x 30 (Kilogramm pro Volk) =24 Millionen Tonnen Pollen
Es geht also gar nicht um die Frage, OB Honigbienen und der Rest der Insektenwelt in Konkurrenz zueinander stehen, sondern nur WIE STARK sie konkurrieren. Die Honigbienen fliegen zudem in großen Zahlen durch die gesamte Vegetationsperiode, und sammeln bei einer Vielzahl von Pflanzenarten Pollen und Nektar. Damit konkurrieren sie praktisch mit allen anderen pollenfressenden Arten, die oft auf eine einzige Pflanzenart angewiesen sind (der Fachausdruck dafür ist „oligolektisch“). Ohne reichhaltige Insektenwelt in der freien Landschaft gibt es auch keine Vögel, Feldlerche und Kiebitz lassen schön grüßen.

Bekannte Bienenstände rund um die Ohligser Heide. Grafik: A. Dahl

Und jetzt kommen wir mal wieder zurück ins Niederbergische: Seit Jahren regen sich die Wildbienenfreunde der Region über die Zustände in der Ohligser Heide auf, wo rund um die ziemlich kleine Heidefläche eine Menge Bienenvölker aufgestellt wurden. Wohlgemerkt mit ausdrücklicher Förderung der Stadt Solingen, nachzulesen zum Beispiel in der Rheinischen Post.

In der Verordnung über das Naturschutzgebiet Ohligser Heide in der Kreisfreien Stadt Solingen vom 28. August 1957 steht in

§ 3
1)Im Bereich des Naturschutzgebietes dürfen Maßnahmen, die eine Veränderung oder Beeinträchtigung der Natur herbeiführen, nicht vorgenommen werden.
Im Bereich des Schutzgebietes ist im einzelnen folgendes verboten:
a) Pflanzen zu beschädigen, auszureißen, auszugraben oder Teile davon abzupflücken, abzuschneiden oder abzureißen, […] freilebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, für ihren Fang geeignete Vorrichtungen anzubringen, sie zu fangen oder zu töten oder Puppen, Larven, Eier oder Nester oder sonstige Brut- und Wohnstätten solcher Tiere fortzunehmen oder zu beschädigen,
[…]
e) Pflanzen oder Tiere einzubringen.
[…]
Man sollte also denken, dass die Solinger Verwaltung das vergleichsweise kleine Schutzgebiet nicht zusätzlich durch das Aufstellen von Nutztieren wie der Honigbiene unter Druck setzt. Hätte, sollte, schön wäre…

Ausgewogener Unsinn

Die Honigbiene ist ein Konkurrent der Wildbiene – mit Werbung für den Imkerverein. Screenshot aus dem Solinger Tageblatt

Nachdem das Insektensterben in aller Munde ist, wollte auch das Solinger Tageblatt nicht zurückstehen und folgte dem lokalen Wildbienen-Matador Hans-Jürgen Martin in die Ohligser Heide. Die Honigbiene ist ein Konkurrent der Wildbiene, lautet der Titel des daraus resultierenden Artikelchens. Dann muss es den Zeitungsmachern aber doch bange geworden sein, denn als Werbung im Artikel ist ausgerechnet Werbung für den Honigverkauf des Imkervereins eingeblockt. Dafür gibts an dieser Stelle mal

Ubrigens, bevor jetzt jemand aufspringt und sagt, Armin, Du hast ja keine Ahnung wovon Du sprichst: Ich finde Honigbienen toll! Ich bin als Kind mit Bienen aufgewachsen, mein Vater hatte ein paar Völker der damals beliebten „Italiener“-Bienen. Damals gab es noch keine Varroa-Milben und im Winter saßen wir da und haben Wachsplatten gegossen und in Holzrähmchen geklebt, für die Waben der Sommersaison. Im Studium hatte ich dann das Glück, einen Platz im Bienenpraktikum zu erwischen, einen Sommer lang haben wir unter Leitung von Peter Rosenkranz den Bienenstand der Uni Tübingen unsicher gemacht – der kleine Hochschul-Assistent Rosenkranz war damals schon ein Freak und ist heute Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim. Mein Nachbar im Tübinger Vorort Lustnau war zu dem Zeitpunkt der „Bienen-Paul„, dessen Buch über die Wildbienen Baden-Württembergs ist immer noch der Goldstandard für Publikationen in Deutschland. Der Paul ist ein unabhängiger Geist und hat seit Jahrzehnten sein eigenes Wildbienen-Institut, und alle Diskussionen über Konkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen haben wir schon von dreißig Jahren intensiv geführt.
Was damals allerdings gefehlt hat ist das Wort „Insektensterben“. Seinerzeit hatten wir keine rechte Vorstellung von dem was draussen so vorgeht, und die Landwirtschaft war auch noch lange nicht so mörderisch effizient wie heute.

Ihr lieben Imker, nehmt es nicht krumm, aber Bienenhaltung ist eine ziemlich intensiv landwirtschaftliche Nutzung, auf Kosten der übrigen Insektenwelt.
Das gilt übrigens auch für alle die – neuerdings im Trend – in den Städten imkern, und glauben damit „der Natur“ etwas gutes zu tun. Wo zu viele Bienen fliegen verschwinden andere Arten, in der Ohligser Heide sei nur als Beispiel die Heidebiene Colletes succinctus genannt, die auf den Pollen des Heidekrautes angewiesen ist.

Naturschutzverbände bekommen regelmäßig Anfragen von Imkern, die in den mühevoll von den lokalen Aktivisten gepflegten Schutzgebieten, Steinbrüchen, Obstwiesen usw. ihre Bienenvölker aufstellen wollen. An dieser Stelle noch mal meine Meinung dazu: Bienenvölker beuten diese Gebiete ganz erheblich aus, sie haben in Schutzgebieten, Randstreifen und eigens angelegten Ökowiesen nichts zu suchen!

Veröffentlicht 23. April 2019 von Armin Dahl in andere Insekten, Heideterrasse, Insektensterben, Umwelt

Nachtexkursion zur Naturschule Grund in Remscheid am 14. September 2018   2 comments

Mindestens einmal im Jahr treffen wir uns zum gemeinsamen „Leuchtabend“ an der Naturschule Grund.

Die alte Schule im Ortsteil Grund beherbergt die Umweltbildungsstation der Stadt Remscheid. Hier wird Wert auf Artenvielfalt gelegt: Das weitläufige Gelände bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. So ist der angelegte Apothekengarten absolut sehenswert. Hier findet man Wildpflanzen genauso wie bekannte und in Vergessenheit geratene Nutz- und Zierpflanzen.

Diese Vielfalt macht sich natürlich auch bei den Schmetterlingen bemerkbar: Die meisten Arten sind als Raupe auf bestimmte Futterpflanzen angewiesen: Je mehr Pflanzenarten desto mehr Schmetterlingsarten. So zeigten sich am 14. September 2018 bei kühlen 15-18 Grad und leicht bedecktem Himmel über 40 Groß-und Kleinschmetterlingsarten an den „Köderschnüren“ und „Leuchttürmen“. Eine Zahl, die für die Jahreszeit, die Region und die eher kühle Ortslage in Remscheid bemerkenswert ist. Dem pädagogischen Leiter der Naturschule Grund, Jörg Liesendahl, gilt wie immer unser besonderer Dank!

Hier einige Bilder des Abends (Bitte anklicken!).

<< ———– Nachtrag von Armin —————->>

Und hier die ganze Artenliste

Micros

Tischeria ekebladella Mine 10 – an Eiche
Macrosaccus robiniella Mine 3 – an Robinie
Carcina quercana 10
Acleris rhombana 1
Acleris variegana 1
Hypsopygia costalis 1
Oncocera semirubella 2 – steht auf der Roten Liste Bergisches Land mit „1“ – vom Aussterben bedroht!
Crambus perlella 1
Cydalima perspectalis 2 – andlich auch in Remscheid angekommen!

Großschmetterlinge

Watsonalla binaria 2
Watsonalla cultraria 2
Drymonia obliterata 1 – zweite Generation!
Phragmatobia fuliginosa 1 -frischer Falter, dritte Generation?
Opisthograptis luteolata 3
Peribatodes rhomboidaria 3
Campaea margaritaria 2
Pungeleria capreolaria 1
Idaea aversata 5
Epirrhoe alternata 1
Camptogramma bilineata 1
Chloroclysta siterata 1
Dysstroma truncata 1
Thera britannica 3
Colostygia pectinataria 3
Gymnoscelis rufifasciata 1
Laspeyria flexula 5
Hypena proboscidalis 4
Rivula sericealis 3
Amphipyra pyramidea 7
Phlogophora meticulosa 1
Xanthia togata 1
Tiliacea aurago 1
Sunira circellaris 1
Agrochola litura 3
Conistra vaccinii 7
Ochropleura plecta 1
Noctua pronuba 8
Noctua comes 2
Noctua fimbriata 1
Noctua janthina 1
Xestia xanthographa 4

Oncocera semirubella: Die schwarzen Kästchen zeigen die aktuellen Nachweise seit 2001, das rote Kästchen markiert denMTB-Quadranten 4709,3 in dem Remscheid-Grund liegt.

„Bestes“ Ergebnis des Abends ist mit Sicherheit der Fund von Oncocera semirubella auf dem ehemaligen Sportplatz neben der Naturschule Grund. Der Falter hat sich in den letzten Jahren aus dem Tiefland bis ins kühle, regenreiche Remscheid vorgearbeitet und besiedelt jetzt offenbar auch das Bergische Land. Auf der Roten Liste Bergisches Land (SCHUMACHER et al. 2010) steht der Falter noch in Kategorie „1“ – vom Aussterben bedroht!

 

Veröffentlicht 15. September 2018 von Tim Laußmann in andere Insekten, Eulenfalter, Mikros

Geplantes Insektensterben: Eintagsfliege Ephoron virgo   1 comment

Im Supersommer 2018 brennt die Leuchtanlage in meinem Garten praktisch jede Nacht. Das bedeutet aber auch jede Nacht mindestens einmal aufstehen, um vor der Morgendämmerung die angeflogenen Tiere aufzuschreiben und das Licht ausmachen. Ansonsten bedienen sich am frühen Morgen die Vögel.

Die haben aber heute einiges aufzuräumen: Heute war die große Flugshow der Weibchen von Ephoron virgo – der deutsche Name Uferaas ist mir heute zum ersten Mal klar geworden. Mein Garten ist bedeckt mit Tieren, die nach dem Schlupf vom Rhein hier heraus geflogen sind, auf der – vergeblichen – Suche nach neuen Laichgewässern. 04.00 Uhr, ich leg mich jetzt noch für zwei Stunden hin.

140 Gramm Insekten: Ausbeute von zwei ausgeschüttelten Leuchttüchern, ingesamt etwa 4qm Fläche

 

 

Hier das Video dazu,

Und hier mal noch eine Überschlagsrechnung, Grundannahme ist dass die Tiere sich gleichmäßig über die Fläche des Kreises Mettmann verteilen (mein Garten liegt etwa 10 Kilometer Luftlinie vom Rhein entfernt und damit ziemlich mittendrin)
Gesetzt den Fall, meine Lampe hat einen Anlock-Wirkungskreis von 50 Metern im Durchmesser, das sind 1963,4 (gerundet 2000) Quadratmeter. Auf der Fläche sind mindestens 200 Gramm Frischmasse an Eintagsfliegen herabgeregnet, macht ein Kilogramm pro Hektar, 100 Kilogramm pro Quadratkilometer, summa summarum alleine im Kreis Mettmann (400 Quadratkilometer Größe) vierzig Tonnen Eintagsfliegen. Konservativ geschätzt, in einer Nacht.

 

Veröffentlicht 23. Juli 2018 von Armin Dahl in andere Insekten

Herbst in der Hannepützheide   Leave a comment

Neue Gebiete zu erkunden macht Spaß, und schon gar wenn sie in geringer Entfernung liegen und so erschlossen sind dass man problemlos arbeiten kann. Ein solches Gebiet hatte ich mir fürs letzte Septemberwochenende vorgeknöpft: Die Hannepützheide (Zonser Heide) auf der linken Rheinseite bei Dormagen-Zons.
Das Gebiet ist eine – wie solls auch anders sein – bewaldete Flugsanddüne mit ein paar kleinen Heiderelikten, um die sich die Biostation in Knechtsteden kümmert.

Erster Eindruck: Ein ca. 2,5 Hektar kleiner, scharf beweideter Heidestreifen, dahinter Kiefernwald, ordentlich Rohbodenstellen auf Sanduntergrund, ganz spannend. Weniger schön die massenhaft fruchtenden Spätblühenden Traubenkirschen (Prunus serotina), die so ein wenig nach der Motorsäge schreien: Die in Holland als „Bospest“ („Waldpest“) bezeichnete Pflanze wurde bis in die 50er Jahre als Unterwuchs in Nadelwäldern eingebracht, zur Bodenverbesserung. Heute wird man sie nicht mehr los, vor allem auf den verbliebenen Offenland- und Heidestandorten, in der Region zum Beispiel in der Delbrücker oder auch der Wahner Heide.

Schnell die Köder aufgehängt, das Aggregat angeworfen und erst mal die Stirn abgewischt: Es ist um 20.00 Uhr noch 24°C warm, eine Warmfront fegt über Deutschland, angetrieben vom Sturmtief „Wolfgang“. Dahinter sollen dann die Reste von Hurrikan „Lee“ und „Maria“ kommen, es wird also stürmisch und dann ist der Sommer wohl endgültig vorbei.

Eine Stunde später: Der Anflug an die Köder sehr mäßig, am Licht praktisch nichts, nur ein paar Mücken. Und ein halbes Hornissennest! Die wenigen Falter die angeflogen sind müssen um ihr Leben fürchten, die Hornissen rennen zu Fuß herum und fangen alles was sich packen läßt. Und die Stirnlampe auf meinem Kopf wird auch immer mal wieder angeflogen, das ist nicht wirklich schön. Zum Glück verlassen sich die Tiere auf ihre abschreckende Wirkung und attackieren nicht ersthaft. Aber Nerven kostet es mich schon!

Noch eine Stunde weiter, die erste „ordentliche“ Art: Conistra erythrocephala, ganz frisch und speckig glänzend. Mittlerweile habe ich angefangen die 50 Hornissen IN den Leuchtturm zu sperren, da können sie brummen wie sie wollen. Aber Spaß macht das nicht wirklich.
Also verlege ich mich auf einen kleinen Rundgang mit der Taschenlampe über die Besenheide, dort sind die Stierkäfer in Menge zugange, bringen die Kaninchen- und Schafköttel in ihre selstgebuddelten Nester.
Am Licht ist immer noch nichts los, es geht jetzt schon auf Mitternacht, und wir haben immer noch 20°C. Zu warm, auch das gibt es beim Lichtfang. Beim Abbau dann wie so oft die Überraschung: Idaea rusticata, ein winzig kleiner Arealerweiterer aus dem Süden, mein erster Falter überhaupt nördlich von Köln, und das in frischem Zustand: Hier kann man mal über eine zweite Generation spekulieren, die ersten Falter aus 2017 tauchten im Raum Köln/Leverkusen schon am 13. Juni auf.

Das beste an dem Abend in der Hannepützheide: bei dem geringen Anflug gab es direkt an der Leuchstelle eine Sitzbank sowie eine ordentliche Internetanbindung, und damit die Gelegenheit, alle Funde einmal direkt in das System von observation.org einzugeben. Die frei zugänglichen Online-Datenbanken sind mittlerweile eine echte Alternative zu der ganzen Tabellenwelt à la Microsoft, auch wenn man dadurch deutlich ernüchtert wird: In den Niederlanden hat sich zm Beispiel Idaea rusticata schon auf die Höhe von Niedersachsen vorgearbeitet.

Veröffentlicht 30. September 2017 von Armin Dahl in andere Insekten, Auf Tour, Lebensräume

Ohne Schuppen: Zickzack-Blattwespe   Leave a comment

Aproceros leucopoda, Zickzack-Ulemenblattwespe, 11. August 2016 D-NRW Diemelstadt-Rhoden (Foto: Hubertus Trilling)

Aproceros leucopoda, Zickzack-Ulmenblattwespe, 11. August 2016 D-HE Diemelstadt-Rhoden (Foto: Hubertus Trilling)

Hier dreht es sich normalerweise um Schmetterlinge, aber ich mache mal eine Ausnahme: So langsam neigt sich der Sommer dem Ende zu, und jetzt beginnt die Zeit der Suche nach Blattminen und ihren Bewohnern, und da passt das prima rein: Heute bekam ich ein Bild geschickt von einem Tier, das unbedingt ins Suchschema der Entomologen gehört:  Die  Zickzack Blattwespe Aproceros leucopoda stammt aus Ostasien. Seit etwa 2003 tritt sie in Südosteuropa auf, seit 2011 auch in Deutschland. Die Larven fressen an den in Europa heimischen und kultivierten Ulmenarten und können zu vollkommenem Kahlfraß und wenigstens zum Absterben von Ästen führen. Die Flatterulme (Ulmus effusus) scheint als enzige einheimische Ulmen-Art bisher nicht betroffen zu sein.

Dabei hat es die Ulmen sowieso schon schwer erwischt: Das sogenannte „Ulmensterben“ führte in Deutschland schon zum weitgehenden Verschwinden der typischen Ulmenalleen in den Städten, lebende blühende und fruchtenden Ulmen sind mittlerweile eine Seltenheit – auch wenn es natürlich immer noch Ausnahmen gibt, wie Martine Goerigk hier vor einiger Zeit gezeigt hat.

Aproceros  leucopoda ist eine invasive aus Asien eingeschleppte Art, die sich in Deutschland ausbreitet. Laut Herrn Dr. Blank vom Senckenberginstitut ist der Nachweis von Hubertus Trilling der erste für den Westen Deutschlands, bisher ist die Art nur  in Bayern und im Osten nachgewiesen.

Nähere Informationen zur Art und Ansprechpartner für weitere Meldungen findet Ihr auf den Senckenberg-Seiten.

Veröffentlicht 19. August 2016 von Armin Dahl in andere Insekten, Arten / Listen, Raupen

Noch mehr Highlights vom Geo-Tag   Leave a comment

So langsam haben wir das Schlafdefizit wieder aufgeholt, die unbestimmten Bilder werden aufgearbeitet und die Liste vom GEO-Tag in der Ohligser Heide wird länger und länger.
Hier noch ein paar Formen die ich erwähnenswert oder besonders hübsch finde, die meisten davon sind typische Heidetiere. Der Fund von Boloria selene auf der Pflanzenexkursion am Nachmittag zeigt uns, dass die Botaniker eigentlich die besseren Entomologen sind!

Leucorrhinia pectoralis, Further Moor, 22. Juni 2016 (Foto: Moritz Schulze)

Leucorrhinia pectoralis, Further Moor, 22. Juni 2016 (Foto: Moritz Schulze)

Und zm Schluß noch ein Fund aus einem Nachbargebiet, in zweierlei Hinsicht: Die Große Moosjungfer
Leucorrhinia pectoralis ist natürlich kein Schmetterling, hat jedoch momentan anscheinen einen großen Einflug, das Foto stammt zwar aus dem Further Moor, aber die Art flog am GEO-Tag auch in der Ohligser Heide, weitere Meldungen am besten direkt in das Fundmeldesystem der Biostation Mittlere Wupper sind sehr erbeten.

Veröffentlicht 22. Juni 2016 von Armin Dahl in andere Insekten, Arten / Listen, Mikros, Raupen, Spinner, Tagfalter

Mal was anderes: Efeu-Seidenbiene   Leave a comment

Colletes hederae, Rösrath-Kleineichen, 11. Oktober 2015 (Foto: Klaus Hanisch)

Colletes hederae, Rösrath-Kleineichen (Nähe Wahner Heide), 11. Oktober 2015 (Foto: Klaus Hanisch)

Colletes hederae, Rösrath-Kleineichen, 11. Oktober 2015 (Foto: Klaus Hanisch)

Colletes hederae, Rösrath-Kleineichen, 11. Oktober 2015 (Foto: Klaus Hanisch)

Momentan blüht überall das Efeu, und an den pollen- und nektarreichen Blüten finden sich bei sonnigem Wetter Tagfalter wie Admiral und C-Falter ein, und tanken für den Winter noch mal voll. Auch zahlreiche Fliegen sammeln sich, Hornissen und Honigbienen. Und wer ein bisschen Glück hat kann dort auch noch eine Art beobachten, die jahrhundertelang flach unter dem Radar der Forscher  durchgeflogen ist: Die Efeu-Seidenbiene Colletes hederae.

Als Studenten hatten wir in Tübingen in den 80er Jahren einen der besten Wildbienen-Experten als Lehrmeister: Paul Westrich, den „Bienen-Paul“, der zuerst seine Doktorarbeit über die Wildbienen des Botanischen Gartens geschrieben hatte und danach als Autor der „Wildbienen Baden-Württembergs“ den Gold-Standard für faunistisches Arbeiten mit Insekten.  Schon damals kursierte das Gerücht, daß sich unter den Spätherbst-Wildbienen eine bislang unbeschriebene Art versteckt, die bisher mit der Heidekraut-Seidenbiene Colletes succinctus in einen Topf geworfen worden war.

Damals gab es noch keine DNA-Analyse, mit der heute solche Sachen mal eben fix geklärt werden können, aber 1993 war es dann so weit, Colletes hederae erblickte das Licht der Wissenschaft,  eine kleine Sensation bei den Experten  für die ansonsten ganz gut erforschte Wildbienenfauna. Und seitdem müssen die Wildbienenforscher, die normalerweise schon Ende August ihre Gutachten fertig hatten, auch noch im Oktober ran: Die Forschung der letzten Jahre hat für C. hederae ein riesiges Verbreitungsgebiet zu Tage gefördert,  das komplette Süd(west)europa ist besiedelt, und auch in Nordrhein-Westfalen gibt es zahlreiche aktuelle Funde. Wer es genauer wissen will kann sich auf den Seiten von Paul Westrich oder beim Solinger Wildbienenexperten Hans-Jürgen Martin schlau machen (die Herren bestimmen sicher auch eingesandte gute Fotos).

Eine ordentlich große Wildbiene mit auffallend breiten hellen Hinterleibsringen, die im Oktober an Efeublüten Pollen sammelt: Das kann eigentlich nur Colletes hederae sein. Die Art nistet in lockeren (Sand)-Böden und offenen Sandflächen mit blühendem Efeu in erreichbarer Nähe, und Flugzeit ist – jetzt!

—————–

Literatur:
Schmidt, K. & P. Westrich (1993):  Colletes hederae n. sp., eine bisher unerkannte, auf Efeu (Hedera) spezialisierte Bienenart (Hymenoptera: Apoidea). – Entomologische Zeitschrift 103 (6): 89–112

 

Veröffentlicht 11. Oktober 2015 von Armin Dahl in andere Insekten, Heideterrasse

Ausflug in die Westruper Heide   2 comments

In der Eifel Regen, nach Nordosten trockener und sonnig: Der Wetterbericht brachte mich auf die Idee mal in die Randgebiete des Münsterlands zu fahren. Die Westruper Heide liegt direkt bei den großen Ausflugsgebieten im Raum Haltern, der Halterner Stausee ist sozusagen die Riviera des Ruhrgebiets. Knapp 90 Hektar Wacholder- und Besenginsterheide, teilweise offene Sandflächen, angeblich ist das Gebiet die größte Zwergstrauchheide Westfalens.  Hier ein paar Bilder.

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Veröffentlicht 21. Juli 2015 von Armin Dahl in andere Insekten, Auf Tour, Lebensräume, Mikros, Spanner

Faulholz III   Leave a comment

Hallo Armin, du hast Recht, das mit dem Mikro-Horn wusste ich nicht, wo du aber kein Recht hast, daß es beim Hirschkäfer keine Dellen gibt. 😉

Liebe Grüße

Lucanus cervus Hirschkäfer  (39a)

Veröffentlicht 13. Juli 2015 von herkenberg in andere Insekten

Faulholz II   1 comment

Hallo zusammen,

Nicht nur Armin mit seinem riesigem Faulholzhaufen vorm Haus hat Großwild im Garten. Hier mal etwas aus dem EN-Kreis von gestern Abend.

Zwei Weibchen, rechts ein Nashornkäfer, links ein Hirschkäfer.

Achja, die Funddaten: Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Ennepetal, im Tal der Ennepe gegenüber Hohenstein am 4.Juli 2015 (Foto: Ernst Herkenberg)

Käfer (16)

Veröffentlicht 5. Juli 2015 von herkenberg in andere Insekten

Faules Holz für Klein und Groß   Leave a comment

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Bisigna procerella, D-NRW Haan, Spörkelnbruch, 1. Juli am Licht (Foto: Armin Dahl)

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Hirschkäfer-Weibchen, D-NRW Haan, Spörkelnbruch, 1. Juli am Licht (Foto: Armin Dahl)

Vor mehr als zehn Jahren habe ich damit angefangen, in meinem Garten einen großen Vorrat an verrottenden Baumstümpfen und anderes Totholz aufzuhäufen, z.B. Brennholzstücke die sich partout nicht hacken lassen. Das ganze ist mittlerweile ein riesiger Meiler über den meine Besucher die Stirn runzeln, aber so ist das halt: wo andere ein Blumenbeet haben, ist bei mir das Abfallholz. Wozu das gut ist sieht man im Sommer, überall wimmelt es von Totholz bewohnenden Käfern und „Motten“. Darunter sind herrlich bunte Kleinfalter wie Bisignia procerella, die an Baumflechten morscher Äste lebt, und kapitales Großwild wie der Hirschkäfer Lucanus cervus, der vor allem eines braucht: Totholz in großen Mengen.

Veröffentlicht 2. Juli 2015 von Armin Dahl in andere Insekten, Mikros

Schmetterling als Lebensraum   Leave a comment

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Alcis repandata-Raupe an Besenginster, Wuppertal, 25. April 2015 (Foto: Armin Dahl)

ADA_8894_01Eigentlich hätte dieses Tier einmal ein schöner Spanner werden wollen, genauer gesagt Alcis repandata, von einem Ginsterbusch gekeschert auf der Trasse durch den Marscheider Wald.
Inzwischen hatte sich aber von drei Raupen eine offenbar etwas anderes überlegt, und kam nach der Verpuppung als Ichneumonide wieder zum Vorschein.
Was uns heute so belanglos und normal erscheint, hat die frühen Biologen in echte Gewissensnöte gebracht, weil sie das Zusammenspiel zwischen Wirt und Parasiten erst ansatzweise verstanden hatten. So ist von Charles Darwin belegt: „I cannot persuade myself that a beneficent and omnipotent God would have designedly created the Ichneumonidae with the express intention of their feeding within the living bodies of Caterpillars.“
Ob nun der Liebe Gott die Schlupfwespen und ihre „schlechten Manieren“ geschaffen hat oder nicht, darüber kann jeder denken was er will. Ein Foto ist mir das Tierchen mitsamt seinen Spiegelungen allemal wert gewesen.

Veröffentlicht 17. Mai 2015 von Armin Dahl in andere Insekten, Raupen, Spanner

Entomologisches Neuland – Fächerflügler   2 comments

Stylops melittae, Ohligser Heide März 2015 (Foto und ©: Hans-Jürgen Martin)

Stylops melittae, Ohligser Heide, 11. März 2015 (Foto und ©: Hans-Jürgen Martin)

Schmetterlinge, das kann eigentlich jeder. Es gibt aber eine einheimische Insektenordnung, denen ich noch nie begegnet bin, jedenfalls seit den Bestimmungskursen im Studium nicht mehr. Das angehängte Bild stammt aus der Ohligser Heide, und der Fotograf hat mir freundlicherweise erlaubt Euch es hier zu präsentieren.

Es zweigt zwei männliche Fächerflügler Stylops melittae, die auf einer Wildbiene (Andrena vaga) herumturnen. Das Stylops-Weibchen ist ein hochgradig angepasster Innenparasit bei Bienen,  das sein gesamtes Leben als eine Art Made im Hinterleib des Wirtes verbringt und dort von Körpersäften lebt. Die geschlechtsreifen Männchen haben dagegen Flügel und machen sich im zeitigen Frühjahr auf die Suche nach parasitierten, von Weibchen bewohnten Bienen.

Mehr über diese kuriosen Tiere findet Ihr unter www.wildbienen.de

 

Veröffentlicht 13. März 2015 von Armin Dahl in andere Insekten

Mehr Wildbienen und Heuschrecken dank verbessertem Mähen   1 comment

Hier eine Pressemitteilung der Uni Bern, die ich sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten äußerst spannend finde. Die Originalarbeit in Englisch ist in der Public Library of Science –PLOS publiziert worden, also frei verfügbar. Es dreht sich zwar um Heuschrecken und Wildbienen, aber was die für Schmetterlinge lebenswichtigen Ressourcen Nektar und Pollen – nicht zu vergessen die Samen (Eupithecien, Perizoma-Arten!)- angeht, lässt sich das natürlich übertragen. Die Forscher haben auf 36 Probeflächen im Schweizerischen Tiefland untersucht, wie sich verändertes Mahdregime auf die Arten- und Individuenzahlen auswirkt.

Das Ganze ist auch keineswegs neu, in allen Pflegeempfehlungen für Arthropoden werden Altgrasstreifen oder leicht verbrachte Zustände als entscheidend für die Artenvielfalt und Individuendichte benannt.


Pressemitteilung der Uni Bern

Biodiversität im Agrarraum wird unter anderem mittels Subventionen gefördert – diese zeigen aber noch nicht die gewünschte Wirkung. Es geht auch anders, wie Ökologen der Universität Bern zeigen: Einfache Massnahmen, zum Beispiel Wiesen weniger häufig zu mähen, lassen etwa die Population von Wildbienen um über ein Drittel anwachsen.

Gesunde Ökosysteme sind für Menschen von enormer Bedeutung: so sind etwa Insekten als Bestäuber unserer Nutzpflanzen von unschätzbarem Wert. Im Schweizer Landwirtschaftsgebiet sollen deshalb Ökologische Ausgleichsflächen (ÖAF) die Biodiversität erhalten oder wiederherstellen.

Diese ÖAF machen etwa 13 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz aus. Ungefähr die Hälfte davon sind extensiv genutzte Wiesen. Studien zeigen allerdings, dass diese Fördermassnahme des Bundes für Biodiversität wenig fruchtet. Dies, obwohl jährlich rund 65 Millionen Franken in die Schweizer Landwirtschaft fliessen, um genau solche extensiv genutzten Wiesen anzulegen.

Seit einigen Jahren stellen sich daher sowohl Landwirte, Agronomen als auch Biologen die Frage, wie mit diesen Wiesen ein wirklich nachhaltiger Nutzen für die Biodiversität erzielt werden kann. Am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern hat eine Forschergruppe unter der Leitung von Dr. Jean-Yves Humbert und Prof. Raphaël Arlettaz nun herausgefunden, wie die Biodiversität in extensiv genutzten Wiesen mittels einfach umsetzbarer Massnahmen gesteigert werden kann. Die Studie wurde in zwei Artikeln der Journale Agriculture, Ecosystems & Environment und PLOS ONE publiziert.

Neue Mähvariante zeigt schnell Wirkung

Im gesamten Schweizer Mittelland wurden in extensiven Nutzwiesen an 12 Standorten vier verschiedene Mähregimes und deren Auswirkungen auf die Biodiversität verglichen. Wenn bei der ersten Mahd jeweils 10 bis 20 Prozent einer Wiese als begrüntes Rückzugsgebiet stehen gelassen wurde, stieg die Anzahl der aufgefundenen Wildbienen nach einem Jahr um 36 Prozent.

Nach zwei Jahren Anwendung dieser Mähvariante hatte sich zudem die Gesamtzahl aller Heuschrecken in solchen Wiesen verdoppelt und die totale Artenvielfalt dieser Tiergruppe konnte im Vergleich zu Wiesen ohne diese Rückzugsflächen um 23 Prozent gesteigert werden.

In Wiesen, deren erste Mahd einen ganzen Monat später erfolgte als sonst üblich (15. Juli anstatt 15. Juni) waren die Heuschrecken-Populationen sogar fünf Mal grösser als auf herkömmlich genutzten Flächen. Dies wiederum hat einen positiven Einfluss auf Tierarten, die sich von solchen Grossinsekten ernähren und deren Bestände im Agrarraum in den letzten Jahrzehnten markant rückläufig waren, etwa Vögel und Fledermäuse.

«Diese eindeutigen Resultate belegen eindrücklich, dass ein späterer Wiesenschnitt und das Anlegen von kleinen Rückzugsflächen eine grosse Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt im Landwirtschaftsgebiet haben», meint Pierrick Buri vom Institut für Ökologie und Evolution, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit durchgeführt hat.

Derartig begrünte Wiesen liefern immer noch lebenswichtige Ressourcen wie Nektar und Pollen für Bienen zu einem Zeitpunkt, wenn diese Quellen andernorts weitgehend fehlen. Andererseits zeigten die Resultate, dass eine oftmals empfohlene Mähvariante wie eine Reduktion der Anzahl Schnitte auf maximal 2 pro Jahr mit einem Intervall von mindestens 8 Wochen zwischen zwei Mahden keinen positiven Effekt auf die Biodiversität hat.

Aufgrund dieser Befunde empfehlen die Forscher eine entsprechende Anpassung der Bewirtschaftungspraxis auf ÖAF und eine Koppelung der Subventionsvergabe an ein derart verändertes Mähregime. Ein Anteil der extensiv genutzten ÖAF-Wiesen des Schweizer Mittellandes sollte demnach nicht vor dem 15. Juli gemäht werden. Ausserdem müsste in Wiesen, die schon am 15. Juni erstmals geschnitten werden, ein ungemähter Rückzugsraum stehen bleiben, der mindestens 10 Prozent der Gesamtfläche umfasst. Der genaue Standort dieses «Refugiums» kann bei jedem weiteren Schnitt jeweils verändert werden.

«Mit diesen Veränderungen käme eine gewisse räumlich-zeitliche Heterogenität in unsere Kulturlandschaft zurück – dies als ein entscheidender Faktor für eine erhöhte Biodiversität», sagt Jean-Yves Humbert, Co-Leiter der Studie.

Abschliessend ist Projektleiter Prof. Arlettaz überzeugt: «Mit solchen einfach umsetzbaren Massnahmen wären die Millionen von Schweizer Franken, welche an die Landwirte in Form von Subventionen für den Erhalt einer qualitativ hochstehenden, an Naturelementen reichen Landschaft ausbezahlt werden, tatsächlich gewinnbringend investiert.»

Artikel:
Buri, P., Humbert J.Y. & Arlettaz R.: Promoting pollinating insects in intensive agricultural matrices: field-scale experimental manipulation of hay-meadow mowing regimes and its effects on bees, 9. Januar 2014, PLOS ONE 9(1): e85635. doi:10.1371/journal.pone.0085635
• Buri, P., Arlettaz R. & Humbert J.Y.: Delaying mowing and leaving uncut refuges boosts orthopterans in extensively managed meadows: Evidence drawn from field-scale experimentation.10. Oktober 2013, Agriculture, Ecosystems and Environment 181:22-30. doi:org/10.1016/j.agee.2013.09.003

Veröffentlicht 28. Januar 2014 von Armin Dahl in andere Insekten, Ökologie, mehr Lepis, Pflege

Buxbaumzünsler im Fernsehen   2 comments

Käferfalle aus dem baumarkt: Quelle: screenshot

Käferfalle aus dem baumarkt: Quelle: screenshot

Gestern abend gabs im WDR Lokalzeit Wuppertal eine kurzen Bericht über die Buchsbaumzünsler in der Region, den könnt Ihr euch in der Mediathek des WDR 10 Tage lang anschauen (im Video etwa ab Minute 16.30)
Dort sieht man neben einer kurzen Kamerafahrt durch meinen Garten auch die panischen bergischen Gartenbesitzer mit ihren Pheromon-Käferfallen gegen die Gartenlaubkäfer hantieren. Das scheint in Wermelskirchen gerade das große Geschäft zu sein. In meinen Augen grober Unfug und sinnloses Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund.

Veröffentlicht 14. Juni 2012 von Armin Dahl in andere Insekten, Arten / Listen, Ökologie, Buchsbaumzünsler, Mikros